Jede Jahrestagung hat ein Motto. Das Motto der diesjährigen 57. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), die vom 19. bis 21. September 2019 an der Alpe-Adria-Universität in Klagenfurt stattfindet: „Die Pädiatrie im Zeitalter von fake news“. Naturgemäß kann im Rahmen einer Jahrestagung der Fokus nicht nur auf ein Generalthema gelegt werden. So werden selbstverständlich auch die klassischen, der evidenzbasierten Medizin zugeordneten, Themen behandelt.

Einstimmung auf das Thema Fake News

Bereits im Rahmen der Eröffnungsfeier wird der weltweit bekannte Experte für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik, Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann vom Institut für Philosophie der Universität Wien zur Einstimmung auf das Kongressmotto den Festvortrag „Der Wille zum Schein. Über Wahrheit und Lüge im Zeitalter digitaler Kommunikation“ halten und damit die Zuhörer auf das Thema einstimmen.

Die Pädiatrie im Spannungsverhältnis zwischen Evidenz und Falschinformation

Diese Tagung soll auf das Spannungsfeld, in dem sich die moderne Pädiatrie zunehmend bewehren muss, eingehen. Obwohl durch die Faktenlage unzweifelhaft der Sinn und Nutzen des durch ausreichende Durchimpfungsraten erreichbaren Kollektivschutzes bewiesen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die durch fake news und soziale Medien geschürte zunehmende impfkritische Haltung der Eltern lediglich durch Darlegen der Fakten verhindert werden kann. Auch ist es nicht mehr so wie früher, dass Eltern nur deswegen auf uns hören, weil wir Ärztinnen und Ärzte sind. Die österreichische Journalistin Katharina Kropshofer wird daher auf die Rolle der Medien bei der Vermittlung medizinischen Wissens eingehen. Die beiden österreichischen Impfexperten Zenz und Dornbusch werden die Mythen, die zur impfkritischen Haltung der Eltern Anlass geben, sowie die daraus resultierende Zunahme der durch Impfungen vermeidbaren Erkrankungen besprechen.

Die Pädiatrie im Umgang mit Elternwünschen und (irrealen?) Hoffnungen

Das Thema fake news wird aber noch von einem anderen Phänomen überlagert: dem Glauben der Patienten (in unserem Fall stellvertretend deren Eltern) an eine Wirksamkeit der alternativen, komplementären bzw. integrativen Medizin. Einerseits wird von der evidenzbasierten Medizin den alternativen oder komplementären Therapiemethoden, sei es die Homöopathie, die Phytotherapie, die anthroposophische Medizin usw. keine, über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung zugeschrieben. Andererseits wissen wir aus großen epidemiologischen Studien, dass durchschnittlich 70 % unserer Patienten neben der Schulmedizin auch unkonventionelle Medizin in Anspruch nehmen. Aber nur 20–30 % dieser Patienten erzählen das auch ihrem Schulmediziner. Wie man auf diese Tatsachen reagieren soll bzw. wie man durch eine andere Herangehensweise an die Wunschlage der Eltern das Arzt-Patienten-Verhältnis verbessern kann, wird durch Referate deutscher Experten aus Berlin, Witten-Herdecke und München (Seifert, Längler und Kruse) beleuchtet werden.

Die Pädiatrie im internationalen Konnex

Die Pädiatrie ist kein kleines Fach. Diesem Umstand Rechnung tragend sind schon seit Jahren europaweite Bestrebungen im Gang, die großen europäischen pädiatrischen Fachgesellschaften wie die European Academy of Pediatrics (EAP) und die European Pediatric Association (EPA/UNEPSA) zu einer Organisation zu vereinigen. Über diesen schwierigen Werdungsprozess wird der Generalsekretär der ÖGKJ, Prof. Reinhold Kerbl, der federführend in diese Angelegenheit involviert ist, berichten. Auch die jungen österreichischen Kolleginnen, die die Zukunft der europäischen Pädiatrie sein werden, sollen zu Wort kommen. Die WHO-Expertin Valentina Baltag wird die zukünftigen europäischen jugendmedizinischen Programme vorstellen.

Die Pädiatrie in Österreich

Auch auf nationaler Ebene verändert sich viel. Die Rehabilitation für Kinder wurde Realität. Die Errungenschaften in den Teilbereichen der pädiatrischen Gastroenterologie, Hämatoonkologie, Kardiologie, Sportmedizin, Prä- und Perinatalmedizin, Infektiologie, Kinderarzneimittel und Jugendmedizin werden präsentiert. Auch wird, wie schon voriges Jahr in Linz, wieder ein eigener Track für niedergelassene Pädiater angeboten, in dem unter anderem über Ärztebewertungsplattformen und über das Beschwerdemanagement referiert wird.

Workshops

Drei interessante Workshops werden im Vorprogramm am 18. September ganztägig angeboten. Ein Workshop vermittelt neues Wissen über Synkopen im Kindesalter, der zweite beschäftigt sich mit der zeitgemäßen Versorgung von Notfällen im Kindes- und Jugendalter. Der dritte stellt die neue internationale WHO-Klassifikation der funktionellen Entwicklungsstörungen vor.

Liebe Leserinnen und Leser

Wir hoffen, dass Sie den Weg zu der etwas anderen Jahrestagung in Klagenfurt finden werden und freuen uns schon jetzt auf eine engagierte bis konfrontative Diskussion über die eine oder andere Thematik. Auch wünschen wir Ihnen bereichernde kollegiale Kontakte, eingebettet in die vom Süden geprägte Kärntner Atmosphäre, die diese Tagung sicherlich bereichern wird.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Ihr

Wilhelm Kaulfersch

Tagungspräsident 2019

Helga Stenzel

Raimund Kraschl

Tagungssekretäre 2019