Unter Grundwasser versteht man alles unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht. Durch den Ausgleich von Potenzialdifferenzen (=Druckgefälle) entsteht die Grundwasserbewegung. Die Grundwasserbewegung wird zusätzlich durch die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters sowie durch die Fließeigenschaften des Wassers bestimmt.

Mithilfe der numerischen Grundwassermodellierung können nicht direkt messbare Eigenschaften der Grundwasserbewegung wie Fließwege, Fließgeschwindigkeit und Aufenthaltszeit ermittelt sowie weiterführend auch Wasserqualitätseigenschaften abgeschätzt werden. In vielen Fällen werden größere regionale Grundwassermodelle für wasserwirtschaftliche Fragestellungen eines ganzen Grundwasserkörpers erstellt. Im Bereich der Wasserversorgung können aber auch sehr kleinräumige Fragestellungen wie z. B. der unmittelbare Zustrom zu einem Trinkwasserbrunnen detailliert nachgebildet werden. Die Grundwassermodellierung stellt somit im Wasserversorgungsbereich ein wichtiges Bindeglied für das Prozessverständnis bei Wasserentnahmen aus dem Grundwasser dar.

Im Spannungsfeld der Trinkwassernutzung an einem Standort treten oftmals auch verstärkt Nutzungskonflikte mit anderen wasserwirtschaftlichen und sozialen Nutzungen sowie der Landwirtschaft (Wasserqualität) auf. Die numerische Grundwassermodellierung kann auch hinsichtlich dieser Nutzungskonflikte zur Optimierung bzw. Darstellung der notwendigen Wasserschutzgebiete eingesetzt werden. Auf Basis der numerischen Grundwassermodellierung können die Wasserherkunft bei unterschiedlichen Betriebszuständen sowie hydraulische und hydrogeologische Einflussfaktoren untersucht werden.

Aufgrund stark steigender Rechenleistung können Modelle mit immer höherem Detail- und Komplexitätsgrad erstellt werden, um die Verhältnisse in der Natur genauer nachzubilden. Damit kann auch verstärkt auf Unsicherheiten aus unterschiedlichen Bereichen (Messgenauigkeit, Modellannahmen etc.) eingegangen werden. Die Simulationsergebnisse können dadurch entsprechend dem Kontext der jeweiligen Fragestellung weit besser interpretiert werden.

Die Grundwassermodellierung kann damit einen wichtigen Bestandteil zur Entscheidungsfindung im Wasserversorgungsbetrieb darstellen. Die vorliegende Ausgabe der Österreichischen Wasser und Abfallwirtschaft stellt einige dieser Anwendungen und Möglichkeiten der numerischen Grundwassermodellierung anhand ausgewählter Fallbeispiele dar.