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Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. techn. habil. Harald Neudorfer

Am 23. und 24. Jänner 2019 fand in Wien die internationale Konferenz ,,more drive 2019“ mit dem Tagungsschwerpunkt ,,Alternative elektrische Antriebe für die Mobilität“ statt. Dabei wurden insgesamt 17 Vorträge vor einem Fachpublikum von rund 70 Teilnehmer/innen präsentiert. Als Veranstaltungsort diente der altehrwürdige Festsaal des Ingenieurhauses in der Eschenbachgasse in Wien. Mit einer Einladung in ein traditionelles Wiener Restaurant am ersten Abend wurde diese Veranstaltung entsprechend abgerundet. In der nun vorliegenden e&i-Ausgabe wird eine Vielzahl dieser Präsentationen als Originalarbeiten veröffentlicht. Aufgrund des großen Erfolgs der more drive 2019 ist die nächste Konferenz bereits für Anfang 2021 geplant. Als Mitorganisator dieser Veranstaltung würde ich mir herzlich wünschen, dass es auch in zwei Jahren wieder gelingt, Referent/innen von namhaften Unternehmen bzw. Institutionen aus dem In- und benachbarten Ausland für Vorträge zu gewinnen.

Große Anstrengungen in der Weiterentwicklung von elektrischen Gesamtsystemen basieren auf dem Ziel der Wirkungsgradverbesserung. Dabei werden auch bei Maschinen kleiner Leistungsklassen die Einzelverluste noch präziser berechnet. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn man den elektrischen Antrieb als multi-physikalisches Gesamtsystem betrachtet. Dabei werden neben der elektromagnetischen Auslegung auch die mechanische, thermische, strömungstechnische und die geräuschtechnische Auslegung berücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass nicht nur der klassische Elektrotechniker, sondern auch der Maschinenbauer, der Strömungstechniker oder ganz allgemein der Physiker in das Design des elektrischen Antriebes eingebunden werden.

Die positive Weiterentwicklung auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen und Antriebe ist an den Technischen Universitäten auch an der Anzahl an Studentinnen und Studenten dieser Fachrichtung deutlich erkennbar. Die vor 10 bis 15 Jahren gängige Meinung, dass auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen keine großartigen Weiterentwicklungen stattfinden, hat sich nicht bewahrheitet. Vor allem die Automobilindustrie benötigt durch den in Zukunft immer bedeutungsvolleren Einsatz von elektrischen Antriebssystemen für Elektro- und Hybridstraßenfahrzeuge genügend bestens ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure.

Nun bereits zum sechsten Mal nach den Jahren 2011, 2015, 2016, 2017 und 2018 habe ich die große Ehre, eine e&i-Ausgabe zum Themenschwerpunkt elektrische Maschinen und Antriebe zu organisieren. Dieses Mal konnten fünfzehn Originalbeiträge und ein Beitrag in der Rubrik Praxis & Wissen nach einer recht zeitaufwändigen Begutachtung zur Veröffentlichung angenommen werden. Durch die positive Resonanz unter den angeschriebenen Autoren wurden für das vorliegende Themengebiet elektrische Maschinen und Antriebe eine Vielzahl an Beiträgen eingesendet. Für die große Anzahl an hochwertigen Papers und die Bereitschaft des Herausgebers, ein außergewöhnlich umfangreiches Heft zu gestalten, möchte ich mich als Heftkoordinator bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Dies ist ein starkes Lebenszeichen der entsprechenden Institute an den deutschsprachigen Technischen Universitäten sowie der einschlägigen Industrie.

Dem Umstand, dass der deutsche Schwesternverein des OVE – der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik – kein regelmäßiges wissenschaftliches Journal mit Reviewstatus auflegt, ist es zu verdanken, dass einige meiner Professorenkollegen aus Deutschland gerne bereit sind, in der OVE-Verbandszeitschrift e&i elektrotechnik und informationstechnik zu publizieren. Für diese Bereitschaft aller Autor/innen möchte ich mich gleich zu Beginn dieses Vorwortes recht herzlich bedanken. Die Autoren investieren in jeden Beitrag viele Arbeitsstunden, die in einigen Fällen neben der täglichen Arbeit nur in der Freizeit erledigt werden können. Darüber hinaus bedanke ich mich auch bei jenen Kolleg/innen, die außerdem noch die Aufgabe übernommen haben, die Beiträge zu begutachten und mit konstruktiven Vorschlägen zu optimieren. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch für diese Arbeiten wieder einige Stunden notwendig sind.

Es freut mich nun sehr, Ihnen – liebe Leserinnen und Leser – wieder ein sehr umfangreiches e&i-Heft präsentieren zu können. Dabei werden die Themen bei elektrischen Maschinen und Antrieben derzeit durch den Megatrend Elektromobilität stark beeinflusst.

Folgende Beiträge auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen und Antriebe finden Sie nun in dieser Ausgabe der e&i:

Der Beitrag von M. Glasl mit dem Thema ,,Überwachung und Symmetrierung von Energiespeichern in Traktionssystemen“ stellt ein neu entwickeltes Verfahren zur Symmetrierung der Zellspannung eines Energiespeichers mit Superkondensatoren in Fahrzeugantrieben vor. Diese Symmetrierung führt zu einer gleichmäßigen Alterung aller Zellen, wodurch sich die Lebensdauer des Energiespeichers verlängert.

Um die Leistungsdichte elektrischer Antriebssysteme zu erhöhen, existiert seit einigen Jahren ein Trend hin zu höheren Drehzahlen von Motoren. Die vorliegende Arbeit ,,Scaling and design of miniature high-speed bearingless slice motors“ von M. Schuck, P. Puentener, T. Holenstein und J. W. Kolar präsentiert einen universell einsetzbaren Designprozess für lagerlose Scheibenläufermotoren kleiner Baugröße, die für die Anwendung bei Drehzahlen von mehreren 100.000 min−1 vorgesehen sind.

Eine ,,Untersuchung der Reduktion der harmonischen elektrischen Größen beim Betrieb einer Synchron-Reluktanzmaschine“ von M. Nikowitz, M. Hofer und M. Schrödl beschreibt die Problematik der unerwünschten Harmonischen im Strangstrom sowie in der Strangspannung. Auf Grundlage eines modifizierten mathematischen Modells wird eine Reglerstruktur vorgestellt, welche die unerwünschten Harmonischen im Strom bzw. in der Spannung erheblich reduziert.

Eine vollkommen neue Entwicklung, die den Elektromaschinenbau vor allem für Prototypen in Zukunft revolutionieren könnte, wird von J. Rudolph, N. Trnka, F. Lorenz und R. Werner vorgestellt. Dabei wird eine ,,Vollständig 3D-gedruckte geschaltete Reluktanzmaschine in Klauenpolausführung“ mit den gesamten Vor- und Nachteilen anhand einer so gefertigten Maschine präsentiert.

G. Huth und J. Krotsch stellen in ihrem Beitrag ,,AC-Motoren mit verteilter Zahnspulenwicklung“ vor. Dies stellt einen interessanten Ansatz dar, um die Baulänge von elektrischen Maschinen in axialer Länge zu reduzieren.

Die ,,Möglichkeiten zur Verkleinerung von PM-Synchronmotoren für Hybrid-Automobile“, ein Beitrag von J. An, Y. Gemeinder und A. Binder, zeigt ein Downsizing in Bezug auf das aktive Volumen auf. Im ersten Schritt wird das aktive Volumen mit verteilter Runddrahtwicklung ohne thermische Reserve um 23 %, im zweiten Schritt mit einer Flachdrahtwicklung als Hairpin-Wellenwicklung um 32 % reduziert.

D. Gerling, O. Moros, B. Rubey, A. Baumgardt und A. Greifelt stellen im folgenden Beitrag mit dem Titel ,,ISCAD – nachhaltige Traktionsantriebe hoher Leistung bei 48 V“ ein Traktionsantriebssystem für Elektro-PKWs mit einer Leistung deutlich über 100 kW vor. Dies ist vor allem für 48-V-Systeme im Automobilbau eine sehr interessante Alternative.

Haarnadelwicklungen sind für Automotive-Anwendungen eine sehr interessante Möglichkeit, einen hohen Nutfüllfaktor mit kurzem Wickelkopf bei elektrischen Traktionsmaschinen zu erreichen. Der Artikel von M. England und B. Ponick ,,Automatisierter Entwurf von Haarnadelwicklungen anhand von tabellarischen Belegungsplänen“ behandelt exakt dieses Thema und zeigt, wie man mit einem mathematischen Ansatz den Fertigungsprozess vereinfachen bzw. automatisierbar machen kann.

J. Germishuizen und C. Adam zeigen in dem vorliegenden Paper ,,Integrating FEM and existing traction motor design tools into an everyday engineering environment“ ein Zusammenwirken von analytischen Berechnungsmethoden und der Finite-Elemente-Methode. Ziel dieser Synthese ist die Benutzung eines alltagstauglichen Berechnungstools für Traktionsmaschinen.

Durch den zukünftigen Einsatz von Siliziumcarbid-Bauelementen werden die Isolierstoffe von elektrischen Maschinen zusätzlich belastet. Der Beitrag von F. Pauli, L. Yang, M. Schröder und K. Hameyer zeigt in dem Artikel ,,Lebensdauerabschätzung von Wicklungsisolierstoffsystemen in SiC-betriebenen elektrischen Niederspannungsmaschinen“ diese Abhängigkeit.

Die Eigenschaften von Elektroblechen werden durch die Fertigungsprozesse signifikant beeinflusst. Der Beitrag von N. Leuning, S. Elfgen, H. A. Weiss, W. Volk und K. Hameyer mit dem Titel ,,Der Einfluss des Schneidens von Elektroblechlamellen und die geeignete numerische Modellierung“ zeigt die Auswirkung von zentralen Betriebseigenschaften bei elektrischen Maschinen auf.

Die Kollegen C. Beck, D. Keller, H. Echtle, S. Haug, C. Krüger und M. Bargende beschäftigen sich in ihrem Beitrag ,,Sensitivitätsanalyse der Wärmequellen- sowie Wärmetransportmodellierung in permanenterregten Synchronmaschinen“ mit dem wichtigen Thema der Kühlung von elektrischen Traktionsmaschinen. Dabei handelt es sich um sogenannte nasslaufende Elektromotoren; das heißt, dass sich im Aktivteil der Maschine eine Kühlflüssigkeit befindet.

Schwingungen und Geräusche sind beim Personennahverkehr parasitäre Effekte, die möglichst vermindert werden sollten. Der Beitrag von D. Tissen mit dem Titel ,,Aktive Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Antriebsstrang der Elektrobusse“ beschäftigt sich exakt mit diesem Thema.

Der folgende Beitrag von T. Holzer und A. Mütze ,,Full-size converter operation of hydro power generators: a state-of-the-art review of motivations, solutions, and design implications“ zeigt sowohl die Motivation als auch Lösungen für drehzahlvariablen Betrieb großer Wasserkraftwerke mit besonderem Schwerpunkt bei der Anwendung von Synchrongeneratoren mit Umrichter.

Um für die zukünftige Elektromobilität die notwendige elektrische Energie CO2-neutral herzustellen, sind auch große Hydrogeneratoren notwendig. Die Kollegen G. Traxler-Samek und D. Langmayr beschäftigen sich in ihrem Beitrag ,,Dreidimensionale Temperaturverteilung in großen Wasserkraftgeneratoren: effiziente Simulation und Optimierung“ mit der Minimierung der Verluste der Optimierung, der Kühlung und somit mit der Maximierung des Wirkungsgrades.

Zum Abschluss möchte ich mich bei allen Autorinnen und Autoren sowie den Begutachterinnen und Begutachtern der Beiträge dieser e&i-Ausgabe 2/2019 ganz herzlich bedanken. Ohne diese vielen Mühen, aber auch ohne die Bereitschaft, ihre Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu publizieren, wäre es nicht möglich, eine so umfangreiche Ausgabe zu einem Themenschwerpunkt zu erstellen. Gemeinsam hoffen wir, dass wir Sie – liebe Leserinnen und Leser – für das Thema elektrische Maschinen und Antriebe begeistern können und Sie diese Beiträge mit großem Interesse lesen.