Im hohen Alter von 86 Jahren starb Karl König im Januar an seinem langjährigen Lebens- und Arbeitsort in Göttingen. Wir verlieren mit ihm einen Kollegen, der das Forum der Psychoanalyse in den Anfangsjahren als Mitherausgeber unterstützt und später als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats bis jetzt weiter begleitet hat. Wir verdanken ihm Anregungen bei der Gestaltung der Zeitschrift, Beiträge aus eigener Feder und eine Reihe von Voten bei der Auswahl von Artikeln für die Publikation.

Er stammte aus Böhmen, studierte an verschiedenen Orten (u.a. in Paris und Madrid) Medizin und wurde in Hamburg-Eppendorf Internist, der schon als Assistent Interesse an den psychovegetativen Störungen (heute Somatisierungsstörungen) fand. So kam er 1968 in die psychoanalytisch orientierte Klinik nach Tiefenbrunn bei Göttingen, durchlief in Göttingen die psychoanalytische Ausbildung und übernahm in Tiefenbrunn später die Leitung der Abteilung für Klinische Psychotherapie. In Göttingen leitete er von 1978 bis 1994 das psychoanalytische Institut. Von 1981 bis 1997 war er Vorstand der Abteilung für Klinische Gruppentherapie an der Göttinger Universität. Dann führte er eine Praxis mit Behandlungen und Lehranalysen und schrieb über seine Erfahrungen und Ideen, sodass er uns ein reiches Werk hinterlässt.

Bekannt geworden ist er vor allem als Autor von bedeutenden Beiträgen zur psychoanalytischen Theorie und Technik und zur analytischen Gruppenpsychotherapie. Nachdem sein Denken und seine Publikationen anfangs noch von den Konzepten der Neopsychoanalyse geprägt waren, die damals in Göttingen und Tiefenbrunn unter dem Einfluss von Werner Schwidder leitend waren, wandte er sich in den 1970er-Jahren – wie viele seiner Generation – den Ideen des damaligen Mainstream zu. So wurde er einer der ersten, die die damals in Deutschland wenig rezipierten internationalen Konzepte in der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) bekannt machten.

Zu Königs markantesten Beiträgen gehörte die Konzeptualisierung des „interaktionellen Teils der Übertragung“, mit der er die Bedeutung der projektiven Identifizierung für das Verständnis der therapeutischen Beziehung beschrieb. Seine angewandte Objektbeziehungstheorie fand in einer Vielzahl von Büchern Niederschlag. Zu den bedeutendsten gehört eines der ersten unter dem Titel Angst und Persönlichkeit. Darin beschrieb er das „steuernde Objekt“ als Niederschlag früher Objektbeziehungen.

Neben der psychoanalytischen Theorie galt sein zweites Interesse der Gruppenanalyse. Er war maßgeblich an der Entwicklung des Göttinger Dreistufenmodells, nämlich der analytischen, tiefenpsychologischen und interaktionellen Gruppenpsychotherapie, beteiligt und trug über Jahrzehnte als Mitbegründer der Göttinger Ausbildung zur Verbreitung der Gruppentherapie in Deutschland bei.

König galt als eines der prominenten Mitglieder der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft und war über viele Jahre Mitglied des Vorstandes. Ich habe seine Beiträge dort sehr geschätzt. Beeindruckend ist er mir als ideenreicher Redner und Diskussionsteilnehmer bei den Jahrestagungen der Gesellschaft in Erinnerung. Charakteristisch für ihn war, dass er gern eine Außenposition einnahm, von der aus er das Geschehen aus wohlwollender Distanz kommentierte, oft mit einem für ihn typischen „trockenen“ Humor.

Karl König hat die Landschaft der Psychotherapie in Deutschland, vor allem die Psychoanalyse und die Gruppentherapie, aber auch die stationäre Behandlung, als Therapeut, Autor, Dozent und Lehranalytiker über lange Jahre mitgeprägt. Für sein Engagement und seine Leistungen erhielt er mehrfach Auszeichnungen und Ehrungen. Wenn man seine Schüler und Mitarbeiter hört, dann scheint es ein besonderes Ziel für ihn gewesen zu sein, die Unabhängigkeit und Kreativität im anderen zu entwickeln und die Haltung zu fördern, aus allem das Beste zu machen.

In diesem Sinne werden auch wir, die Herausgeber des Forums der Psychoanalyse, ihn in Erinnerung behalten.