Die Synkope, die Hauptursache für einen kurzzeitigen Bewusstseinsverlust, stellt ein häufiges Symptom in der Notaufnahme dar und hat in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Erkrankung eine sehr unterschiedliche prognostische Bedeutung. Daher kann es Patienten extrem verunsichern, wenn eine Synkopenursache nicht gefunden wird und noch nicht einmal die simple Frage beantwortet werden kann, ob es denn etwas Schlimmes sei. Dieses Schicksal teilen auch in neueren Publikationen 30–45 % der Patienten mit Synkope. In einer Datenbankanalyse mit rund 30.000 Patienten einer deutschen Notaufnahme fand sich ein Anteil von Patienten mit Synkope von 1,5 %, von denen 45 % auch nach Abschluss der Diagnostik unklar blieben [2].

Auch für den Arzt kann es sehr unbefriedigend sein, wenn nach umfangreicher Diagnostik nicht nur die Prognose der Synkope unklar bleibt, sondern noch nicht einmal klar geworden ist, ob es sich überhaupt um eine Synkope gehandelt hat.

Da die Synkope ein vieldeutiges Symptom und zusammen mit dem kurzzeitigen Bewusstseinsverlust ein Grenzgänger zwischen Kardiologie, allgemeiner Innerer Medizin, Neurologie, Epileptologie und Psychosomatik darstellt, wird sie in Lehrbüchern oft etwas verschämt behandelt nach dem Motto „Eigentlich gehört das gar nicht hierher“.

Umso wichtiger erscheint es, die Erfahrungen und Fortschritte bei der Behandlung der Synkope bekannter zu machen. Dies ist für eine Vielzahl von Ärzten verschiedener Abteilungen, die nicht zuletzt im Notdienst und in der Notaufnahme täglich Patienten mit Synkope sehen, von großem praktischem Interesse.

Die Abklärung der Synkope stellt auch insofern eine Herausforderung dar, als dabei zahlreiche diagnostische Verfahren eingesetzt werden und oft mehrfache stationäre Abklärungen (Kosten jeweils ca. 1800 €) erfolgen. In [1] wurde bei rund 30 % der Patienten eine Computertomographie (CT) des Schädels durchgeführt, die jedoch nur bei 3 % der Patienten pathologische Befunde ergab. Gerade unter dem Kostendruck in unserem Gesundheitssystem ist eines interessant: Das Wertvollste bei der Abklärung einer Synkope sind nicht die teuren Apparate, sondern Zeit und Kenntnisse des untersuchenden Arztes, der die Anamnese erhebt und wie ein Detektiv in einem guten Krimi die Indizien sammelt, bis sie sich zu einem klaren Bild verdichten. Oft ergibt sich (allein aus den anamnestischen Angaben) eine Verdachtsdiagnose, die nach körperlicher Untersuchung und EKG die Basisdiagnostik der Synkope abschließt und nur in Einzelfällen weitere Untersuchungen zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose erforderlich macht.

Die beiden ersten Beiträge dieses Synkopen-Updates 2018 beschäftigen sich daher mit etwas sehr Althergebrachtem, der Anamnese, die jedoch im DRG-System mit der raschen Verfügbarkeit sämtlicher komplexer diagnostischer apparativer Verfahren an Bedeutung zunimmt. Täglich sehen wir, dass all diese Verfahren eine aus Zeitgründen und/oder fehlender Erfahrung unvollständig erhobene Anamnese nicht ausgleichen können. Dies gilt auch für die Medikamentenanamnese, da durch die zu erwartende strengere Behandlung der arteriellen Hypertonie mit dem vermehrten Auftreten von Synkopen zu rechnen ist [1]. Ähnlich alte Themen, Schenkel- und AV-Blockierungen im EKG, werden auch 2018 neu beleuchtet. Durch die Ergebnisse implantierbarer Loop-Rekorder können wir mehr über die prognostische Bedeutung von infrahisären Leitungsstörungen sagen. Implantierbare Loop-Rekorder haben dabei auch neue Formen der AV-Blockierung entdeckt: intermittierende komplette AV-Blockierungen ohne Ersatzrhythmus bei Patienten, die davor und danach eine völlig normale AV-Überleitung aufweisen und bei denen weder strukturelle Schäden an den Leitungssystemen (noch nicht einmal Phase-IV-Blockierungen) noch vagale Einflüsse für den intermittierenden kompletten AV-Block verantwortlich sind. Hier scheint es eine Untergruppe von Menschen mit besonderer Empfindlichkeit für endogenes Adenosin zu geben, bei denen Synkopen durch diese Form des AV-Blocks auftreten.

Synkopen bei Patienten unter 40 Jahren sind zu über 90 % neurokardial verursacht. Spannend ist es, in dieser Altersgruppe die Patienten zu identifizieren, bei denen andere, oft kongenitale Synkopenursachen vorliegen. Erfahrungen bei Patienten mit angeborenen Kanalerkrankungen und hypertropher Kardiomyopathie können hier wegweisend für eine erfolgreiche Diagnostik sein. Auch das POTS-Syndrom, das „postural orthostasis tachycardia syndrome“, betrifft häufig junge, ansonsten gesunde Patienten. Fortschritte im Verständnis der Pathophysiologie und in der Behandlung werden vorgestellt.

Die diagnostische Bedeutung der Kipptisch-Untersuchung und der Loop-Rekorder-Implantation werden seit Jahren auch durchaus emotional diskutiert. Welchen Sinn diese beiden Untersuchungsmethoden haben, wann sie indiziert sind, und wie die Ergebnisse interpretiert werden, wird in zwei Beiträgen hierzu dargestellt.

In vielen Arbeiten zur Synkope wird zu Recht moniert, dass zu wenige standardisierte Handlungsanweisungen für die Abklärung der Synkope existieren [2]. Daher wird nicht überraschen, dass die Antwort auf die Frage des Beitrags „Do we need syncope units?“ „Yes!“ lautet. Die Erläuterungen zum „Wer?“ und „Wie?“ wird von den beiden Autoren, die auf der Syncope-Unit in Bozen ihre Erfahrungen sammeln konnten, eindrucksvoll zusammengefasst.

Dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, wird auch beim Thema Synkope deutlich, die im Kindesalter häufig ist und die ganze Bandbreite vom Fieberkrampf bis zum plötzlichen Kindstod umfasst.

Zwei Sonderthemen werden abschließend behandelt: Was ist von der Schrittmachertherapie bei vasovagaler Synkope geblieben? In jedem Fall nach 30 Jahren ein besseres Verständnis, was warum nicht funktionieren kann. Und die abschließende Frage, in welchen Fällen ein Patient mit Synkope nicht mehr zum selbstständigen Führen eines Kraftfahrzeugs imstande ist, ein Thema, bei dem die Regeln eigentlich immer ganz einleuchtend erscheinen, bei dem der individuelle Fall jedoch häufig durch das Raster eines Regelwerks zu fallen scheint.

Abb. 1
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Vorgehen bei unklaren Bewusstlosigkeiten. Nähere Erläuterungen in diesem Themenheft

Allen Autoren des Themenschwerpunkts sei an dieser Stelle ganz ausdrücklich für die wertvollen Beiträge gedankt! Die Erklärungen, Hinweise, Tipps und Tricks sind exzellent, oft bisher nur einem kleinen Zirkel bekannt gewesen und berechtigen zur Hoffnung, dass die Behandlung von Patienten mit Synkope in Deutschland ab 2018 sicherer und besser wird (Abb. 1).

Ihre

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Carsten W. Israel

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Malte Meesmann