Zusammenfassung
Der Frankfurter Pathologe Philipp Schwartz gehört zweifellos zu den bemerkenswertesten Wissenschaftlern der jüngeren Medizingeschichte. Als Sohn jüdischer Eltern sah er sich nach der Machtergreifung Hitlers (1933) zur Emigration gezwungen. Trotz dieser repressiven Erfahrung gelang ihm im selben Jahr die Gründung der „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“, mit der er hunderten zwangsemigrierten Hochschullehrern zu akademischen Anstellungen verhalf. Zudem nahm er maßgeblichen Einfluss auf die Reform des Hochschulsystems in der Türkei, lieferte wesentliche Beiträge zur (Neuro‑)Pathologie und errang führende wissenschaftliche Positionen in der Türkei und in den USA.
Doch so erfolgreich die wissenschaftliche Karriere des Pathologen im Exil verlief – sein Verhältnis zu Deutschland blieb zeitlebens problembehaftet. Vor diesem Hintergrund fokussiert der vorliegende Beitrag auf die Rezeption Philipp Schwartz’ in den verschiedenen politischen Systemen Deutschlands – angefangen von der Weimarer Republik über das „Dritte Reich“, das Deutschland der Nachkriegszeit bis hin zur Bundesrepublik. Zentrale Grundlage der Studie sind Primärquellen des Universitätsarchivs Frankfurt.
Schwartz gelang in der Weimarer Republik ein vielversprechender Karrierestart. Durch die Machtergreifung Hitlers (1933) wurde er jeglicher Perspektive beraubt und floh noch im Frühjahr 1933 in die Schweiz. Obwohl er im Exil mit einer ordentlichen Professur in Istanbul und der Institutionalisierung der besagten Notgemeinschaft bemerkenswerte Leistungen vollbrachte, stand die Frankfurter Universität im Nachkriegsdeutschland einer Berufung Schwartz ablehnend gegenüber. Bis weit über den Tod (1977) hinaus fand das Leben und Werk von Philipp Schwartz in Deutschland kaum Beachtung. Erst nach der Jahrtausendwende wurde Philipp Schwartz hier die Anerkennung zuteil, die ihm zu Lebzeiten versagt blieb.
Abstract
Without a doubt, Frankfurt Pathologist Philipp Schwartz is one of the most iconic scholars in recent medical history. As the son of Jewish parents, he was forced to emigrate after Hitler seized power in 1933. Despite this repressive experience, he succeeded in founding the “Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland” (“Emergency Association of German Scientists Abroad”) in 1933, with which he helped hundreds of forcibly emigrated university teachers find academic positions. In addition, he had a decisive influence on the reform of the higher education system in Turkey, rendered outstanding achievements in neuropathology, and attained leading positions as a scientist in the exile countries Turkey and the USA.
However, as successful as the pathologist’s scientific career in exile may have been, his relationship with Germany remained problematic throughout his life. Against this background, this article focuses on the reception of Philipp Schwartz in the different political systems of Germany – from the Weimar Republic to the Third Reich, and from post-war Germany to the recent past in the Federal Republic. This study is essentially based on primary sources from the University Archive of Frankfurt.
Schwartz had a promising career in the Weimar Republic. In the aftermath of Hitler’s takeover (1933) he was deprived of any perspectives in Germany and fled to Switzerland in the spring of 1933. His achievements as a full professor in Istanbul and as initiator of the Notgemeinschaft are remarkable in both scientific and political regards. Still, he was denied employment at the Goethe University Frankfurt. Until well after his death (1977), Philipp Schwartz’s life and work received little attention in Germany. It was only after the turn of the millennium that he received the recognition he was denied during his lifetime.
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R. Pauli, J. Sziranyi und D. Groß geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Redaktion
H. A. Baba, Essen
Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen des von der DGP finanzierten Forschungsprojektes zur „Rolle der Pathologie und ihrer Fachvertreter im ‚Dritten Reich‘“.
Die englische Version dieses Beitrags ist unter https://doi.org/10.1007/s00292-019-0630-3 zu finden.
Caption Electronic Supplementary Material
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Abb. 2: Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF) Abteilung 14/Nummer 17, Blatt 18–20; Antrag auf Verleihung der Dienstbezeichnung nichtbeamteter a.o. Professor für den Privatdozenten Dr. med. Philipp Schwartz vom 13.07.1927. (Mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Frankfurt am Main (UAF))
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Abb. 3: Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF) Abteilung 14/Nummer 17, Blatt 22; Brief des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 16.09.1297. (Mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Frankfurt am Main (UAF))
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Abb. 4: Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF) Abteilung 14/Nummer 17, Blatt 5; Antrag der Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt auf finanzielle Beihilfen des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 16.06.1924. (Mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Frankfurt am Main (UAF))
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Abb. 5: Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF) Abteilung 14/Nummer 17, Blatt 23; Antrag der Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt auf einen besoldeten Lehrauftrag beim Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 06.02.1929. (Mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Frankfurt am Main (UAF))
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Abb. 7: Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF) Abteilung 4/Nummer 169, Blatt 28; Brief des Rektors der Frankfurter Universität an Philipp Schwartz vom 09.08.1966. (Mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Frankfurt am Main (UAF))
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Pauli, R., Sziranyi, J. & Groß, D. Der Pathologe Philipp Schwartz (1894–1977). Pathologe 40, 548–558 (2019). https://doi.org/10.1007/s00292-019-0620-5
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