LEAN-Management in der Pathologie – was Toyota kann, können wir schon längst! Die Kerntätigkeit des Pathologen beruht auf einer laborbasierten Be- und Verarbeitung von Zell- und Gewebeproben. Der von der Probeannahme bis zum Versand des pathologisch-anatomischen Begutachtungsberichts reichende Prozess gleicht einem industriellen Fertigungsprozess und die Anwendung des LEAN-Managements ist naheliegend. Insofern ist der Beitrag „LEAN-Management im Pathologielabor“ in diesem Heft wichtig. Er thematisiert das kompetente Labor- und Prozessmanagement als Voraussetzung für gute und effiziente Diagnostik in der Pathologie. Das ist begrüßenswert.

Der Artikel wirft aber auch Schlaglichter. Die erfolgreiche Umsetzung eines LEAN-Managementsystems geht nicht ohne adäquate Struktur- und Personalvorgaben. Einrichtung und Ausstattung eines diagnostischen Bereichs müssen frei gestaltbar sein. Wenn dafür kein Geld, keine passenden Räumlichkeiten und kein Sanierungswille zur Verfügung stehen, wird ein LEAN-Management schnell an seine „architektonischen“ Grenzen stoßen. Vorsicht ist also geboten, wenn Klinikleitungen mit Erwartungswerten eines LEAN-Managements gefüttert werden, die an Strukturvorgaben scheitern. Schnell kann man zum Getriebenen werden, statt Treiber zu sein. Personalvorgaben sind vielschichtiger. LEAN-Management setzt auf eine hohe Flexibilität und eine angemessene Qualifikation des gesamten Personals. Personalräte müssen mit eingebunden werden, um tiefgreifende Änderungen in der Prozessmatrix vornehmen zu können. Darauf weist der Artikel hin. Es gab offenbar Personalfluktuationen. Gesegnet ist also jener, der das mit seiner Klinikleitung und den Personalräten umsetzen kann und dessen Bewerberlage an gut ausgebildeten MTLAs und Ärzten den entstehenden Bedarf abdeckt.

Zu guter Letzt stellt sich die Frage, welche Umlaufzeit (als Maßstab der Prozessqualität) angemessen ist? Seit über 10 Jahren prägen Zertifizierungen und Akkreditierungen unseren Alltag. Umlaufzeiten sind eine der vielen Messgrößen, denen wir uns regelmäßig stellen. Viele Einrichtungen für Pathologie behaupten sich im freien Wettbewerb um Einsender, tragen (privat-)wirtschaftliche Risiken und können sich lange Umlaufzeiten gar nicht leisten. Auch die flächendeckende Verkürzung stationärer Liegezeiten von Patienten hat den Druck auf die Pathologie erhöht. Das Konzept der „same day diagnosis“ ist nicht neu und durchschnittliche Umlaufzeiten von 24 Stunden, vor allem für Biopsate, auch nicht mehr. Aber geht das in jedem Fall? Manches Einsendegut erfordert eine komplexe zeit- und methodenaufwändige Stufendiagnostik und sperrt sich der schnellen Fertigstellung. Hier müssen übertriebene Erwartungshaltungen wieder eingefangen werden. Bleibt die Frage: Ist es überhaupt immer notwendig, eine Diagnose in dieser Geschwindigkeit zu liefern? Die diagnostische Ergebnisqualität wird in dem Beitrag nicht angesprochen. Sie ist aber ein wichtiger Maßstab gerade bei komplexen oder schwierigen Fällen. Und noch eine Anmerkung: In einem Gesundheitssystem, bei dem im ambulanten Bereich wochen- bis monatelange Wartezeiten für Patienten keine Ausnahme sind, sollte der Pathologe nicht am Ende die Defizite der Patientenversorgung „ausbaden“, die er gar nicht zu verantworten hat. Vielleicht gibt es auch außerhalb der Pathologie noch Entwicklungspotenzial.

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Prof. Dr. C. Röcken