Den Gasteditoren der aktuellen Ausgabe des Urologen ist es eine Freude, Ihnen ein modernes interdisziplinäres Thema vorstellen zu dürfen: das molekulare Tumorboard in der urologischen Onkologie. Frau Gaisa aus Aachen führt die möglichen Indikationen für eine erweiterte molekularpathologische Analyse auf und stellt die Analysemöglichkeiten und Ergebnisse umfassend dar. Einführend ins Thema definiert Sie die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts „Molekularpathologisches Tumorboard“ im multidisziplinären Setting. In allen Situationen spielt dabei eine umfassende Analyse des Tumors auf molekularer Basis in der Pathologie eine zentrale Rolle. Die Ergebnisse der molekularen Analyse bedürfen jedoch einer umsichtigen Interpretation und können nur im Kontext mit der klinischen Situation und mit entsprechender onkologischer Expertise für die Therapie genutzt werden.

In dem Beitrag von Frau Seitz et al. wird auf die häufigste urologische Erkrankung, das Prostatakarzinom eingegangen. Vor dem Hintergrund fehlender Zulassungen der PARP(Poly-ADP-Ribose-Polymerase)- sowie Checkpoint-Inhibitoren (CPI) zur Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms in Deutschland stärkt die Empfehlung eines molekularen Tumorboards die Erfolgsaussichten für die Genehmigung eines individuellen Heilversuchs durch die Krankenkassen.

Bei der Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms in der nicht platinfähigen Situation benötigen wir seit dem letzten Jahr bereits erstmals in der urologischen Onkologie Tumormarker, um die CPI Pembrolizumab oder Atezolizumab in der Erstlinie anwenden zu dürfen. Frau Hupe leitet in Ihrem Artikel durch die aktuelle Situation beim diesem in der Inzidenz stark ansteigendem urologischen Malignom. Beim Nierenzellkarzinom erhalten Sie einen umfassenden Überblick von Herrn Grünwald et al., wo die CPI ja bereits seit einigen Jahren einen festen Stellenwert in der Sequenztherapie besitzen und die Frage nach der prognostischen und prädiktiven Wertigkeit der Biomarker (PD-1 [„programmed cell death 1“], PD-L1 [„programmed cell death ligand 1“]) in der Diskussion ist.

Aufgrund der geringen Inzidenz des Peniskarzinoms ist die Datenlage zu molekularen Markern sehr begrenzt. Es finden sich erste Untersuchungen zu prognostischen Markern bzgl. einer Lymphknotenmetastasierung bzw. prognostische Marker bzgl. eines Ansprechens auf eine Chemotherapie oder einer Target-Therapie. Aufgrund der geringen Fallzahlen ist jedoch eine ausreichende Absicherung der Datenlage bzgl. einer möglichen Therapieempfehlung nur sehr begrenzt möglich. Ziel sollte daher für die Zukunft sein, alle Patienten, die einer systemischen Therapie unterzogen werden, im Rahmen von Studien zu betreuen, um die Datensituation hier zu verbessern.

In Zukunft mehr Patienten in Studien betreuen, um die Datensituation hier zu verbessern

Ein molekulares Tumorboard spielt insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung ohne leitliniengerechte Therapieoption, mit seltener Tumorentität und/oder ungewöhnlichen klinischen Verläufen kommen für eine umfassende molekularpathologische Analyse in Betracht. Kollegen Protzel und Hakenberg stellen in Ihrem Beitrag zum Peniskarzinom eindrucksvoll mögliche relevante Fragestellungen für ein molekulares Tumorboard das die an dieser Stelle zitiert werden:

  1. 1.

    Indikationsstellung zur inguinalen Lymphadenektomie bei klinisch negativen Lymphknoten.

  2. 2.

    Indikationsstellung zur neoadjuvanten/adjuvanten Chemotherapie.

  3. 3.

    Ziele und Indikationsstellung zur Target-Therapie.

Daher erscheint eine direkte Analyse des HPV-Status (HPV: humane Papillomaviren) für Peniskarzinome sinnvoll. Der Bedeutung des HPV-Status wurde in der neuen WHO-Klassifikation (WHO: World Health Organisation) der histologischen Subtypen Rechnung getragen. Insbesondere seltenere urologische Malignome wie das Peniskarzinom können von einer interdisziplinären Besprechung in einem Tumorboard profitieren. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe.

Prof. Dr. med. Hubert Kübler und Prof. Dr. med. Axel S. Merseburger