„Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen, dann verbrannt, dann gebunden und getaucht; zuletzt geschunden.“

Dieses Zitat des rasenden Osmin im Schlussteil der Arie von Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“ ist ein Sinnbild für die Entstehungsmechanismen der Harnleiterverletzungen. Der Ureter stellt gelegentlich ein unbemerktes oder ungewolltes Zielorgan interdisziplinärer Eingriffe dar. Er kann bei abdominalchirurgischen und gynäkologischen Eingriffen – trotz präventiver Harnleiterschienung – verletzt werden. Die häufigste Form der Harnleiterverletzung im urologischen Fachgebiet ist die Ureterstriktur als Folge endourologischer Eingriffe. Als aktinische Spätfolge kann eine symptomatische Harnstauungsniere auftreten.

Das vorliegende Themenheft widmet sich den Sekundärfolgen der Strahlentherapie am Harntrakt und angrenzenden Organen. Einleitend informiert die Arbeitsgruppe um Kristiansen über die Pathogenese strahlenbedingter Komplikationen. Die Rektumperforation als schwerste Komplikation im urologischen Nachbargebiet tritt bevorzugt nach kombinierter Strahlentherapie auf und wird von der chirurgischen Arbeitsgruppe um Binnebösel dargestellt. Die urogenitale Fistelchirurgie stellt eine operative Herausforderung dar und erfordert die Beherrschung eines breiten Operationsspektrums. Die Arbeitsgruppe um Riedmiller stellt bewährte operative Behandlungskonzepte vor. Die Rekonstruktion des oberen Harntraktes erfordert bei langstreckigen Stenosen individuelle intraoperative Entscheidungen. Kranz et al. demonstrieren das gesamte Spektrum der rekonstruktiven Eingriffe einschließlich der Verwendung von Darmsegmenten. Rosenbaum et al. geben eine vollständige Übersicht über die Behandlungsmöglichkeiten aktinischer Harnröhrenstrikturen. Kranz et al. stellen die größte deutsche Analyse zur Inzidenz radiogener Harnröhrenstrikturen nach bestrahltem Prostatakarzinom dar. Erwartungsgemäß stieg die urethrale Stenoserate mit der lokalen Strahlendosis an und trat bei 8,9 % der mit HDR-Brachytherapie behandelten Tumorpatienten auf. Sekundärmalignome der Harnblase und des Rektums treten nach Strahlentherapie eines Prostatakarzinoms nicht-signifikant häufiger auf als bei der Normalbevölkerung. Zu dieser unerwarteten Schlussfolgerung kommt die Arbeitsgruppe um Heidenreich nach systematischer Analyse des aktuellen Schrifttums.

Nur die Kenntnis möglicher, auch interdisziplinärer operativer Behandlungsmaßnahmen erlaubt dem durch Strahleneinwirkung geschädigten Patienten eine Wiederherstellung des verletzen Harn- und Darmtraktes mit dem Ziel einer Verbesserung der bereits durch die Grunderkrankung eingeschränkten Lebensqualität. Die therapeutische Bandbreite und die unterschiedlichen Operationsverfahren demonstrieren eindrucksvoll das breite Spektrum unseres Fachgebiets und weisen auf die Notwendigkeit der operativen Expertise unserer Fachdisziplin hin.

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Prof. Dr. med. J. Steffens

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Dr. med. J. Kranz, FEBU

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Dr. med. S. Mühlstädt, FEBU

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Prof. Dr. med. P. Fornara