Zusammenfassung
Hintergrund
Nicht nur die Umstände des gemeinsamen Todes von König Ludwig II. und seinem Psychiater Bernhard von Gudden am Pfingstsonntag 1886, sondern auch die gutachterliche Fundierung der Absetzung Ludwigs und die Natur seiner psychischen Erkrankung werden unverändert kontrovers diskutiert.
Ergebnis
Geht man allerdings vom psychiatrischen Zeitwissen aus, wird der Weg der vier Gutachter zur Diagnose „Paranoia (Verrücktheit)“ klarer. Gudden hinterließ kein Lehrbuch. Seine Lehrmeinung findet sich aber im Compendium, der 1. Auflage (1883) des Lehrbuchs seines langjährigen Schülers Emil Kraepelin wieder, wenn Aufbau und Symptomwichtung des Gutachtens und die Systematik des Lehrbuchs gegenübergestellt werden. Die gutachterliche Interpretation von Ludwigs Krankheit ist ein herausragendes psychiatriegeschichtliches Zeugnis. Auch nach Guddens und Ludwigs Tod änderten die drei Mitgutachter vor den untersuchenden Landtagskommissionen ihre Auffassung nicht.
Schlussfolgerung
Gudden und den Mitgutachtern eine Fehldiagnose vorzuhalten, ist nicht gerechtfertigt, wenn das Wissen der Zeit zur Grundlage unserer heutigen Beurteilung gemacht wird.
Abstract
Background
Not only the circumstances of the simultaneous death of King Louis II and his psychiatrist Bernhard von Gudden on Pentecost 1886 are still the subject of controversial discussion but also the nature of Louis’ mental illness and the expert report that formed the basis for removing Louis from power.
Results
When one considers the psychiatric knowledge of the time, however, it becomes clearer how the four experts who assessed Louis reached a diagnosis of paranoia (madness). Gudden left behind no textbook. Nevertheless, a comparison of the structure and symptom weighting of the expert report with the classification system used in the Compendium, the first edition of the textbook published in 1883 by Gudden’s long-time pupil Emil Kraepelin, provides insight into Gudden’s school of thought. The experts’ interpretation of Louis’ illness is an outstanding document in the history of psychiatry. Even after the death of Louis and Gudden, the three remaining experts did not change their views before the parliamentary committees investigating the incident.
Conclusion
If we use the knowledge of the time as the basis for our assessment, there is no justification for claiming that Gudden and his fellow experts wrongly diagnosed Louis.
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Hanns Hippius mit Dank und Zuneigung gewidmet.
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Steinberg, R. Guddens Diagnose über Ludwig II. aus zeitgenössischer und heutiger psychiatrischer Sicht. Nervenarzt 90, 62–68 (2019). https://doi.org/10.1007/s00115-018-0563-8
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