Ein Schwerpunktheft Labormedizin ist alles andere als trocken, alles andere als eine reine Beschreibung von Analyseverfahren, alles andere als eine Darstellung von messbaren Parametern, von denen man bisher nichts gehört hat. Den Autoren des vorliegenden Heftes der Monatsschrift Kinderheilkunde gelingt vielmehr eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema, die aufhorchen lässt.

Tagtäglich beschäftigen uns die Fragen nach der Ursache einer Infektion und ihrer Schwere, leiten wir daraus doch unsere Therapieentscheidung ab. Gerne verwenden wir immunologische Biomarker, um zu einer Einschätzung zu gelangen. Insbesondere das C‑reaktive Protein (CRP) scheint uns ans Herz gewachsen zu sein. Nach der Lektüre des sehr erhellenden Beitrags von Tim Niehues fragt man sich: Warum eigentlich? Ist es unkritische Gewohnheit? Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass in einer großen Kinderklinik monatlich über 500-mal dieser Parameter angefordert wird und dies übers Jahr damit Kosten über 14.000 € verursacht? Einen belegbaren Nutzen hinsichtlich der Unterscheidung einer viralen von einer bakteriellen Infektion gibt es jedenfalls nicht, und die Gefahr, die von einer Infektion ausgeht, oder deren Verlauf wird auch nur unzulänglich vorhergesagt. Man hat jedoch den Eindruck, dass immunologische Biomarker im klinischen Alltag mit zunehmendem Alter oder – sagen wir – mit zunehmender Erfahrung der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes immer mehr an Bedeutung verlieren. Und das ist richtig so, denn bisher ist in der Infektionsdiagnostik kein Biomarker der erfahrenen klinischen Einschätzung überlegen.

Zur sinnvollen Labormedizin gehört die Beantwortung der Frage: „Was will ich messen und warum?“

Sybille Koletzko sowie das Duo Lechner und Liebau stellen in den Vordergrund ihrer Betrachtung, was leicht und nichtinvasiv von unseren Patienten zu bekommen ist: Stuhl und Urin. Im Spannungsfeld der hochtechnisierten Medizin gelingen wohltuende Blicke auf „einfache“ Diagnostik mit hohem didaktischen Wert. Die Untersuchung dieser Ausscheidungen kann differenzialdiagnostisch weit führen und mag mitunter so diffizil werden, dass Spezialistentum gefragt ist. Beide Beiträge weisen auf die Bedeutung der Präanalytik hin, wobei Frau Koletzko mit ihrem so wichtigen und richtigen Hinweis darauf, dass „Stuhl lebt“, zweifelsohne einen semantischen Höhepunkt setzt. Es soll an dieser Stelle erlaubt sein darauf hinzuweisen, dass Präanalytik mehr ist als der technisch korrekte Umgang mit Probenmaterial vor der analytischen Bearbeitung. Es kann nicht genug betont werden, dass zur „Präanalytik“ v. a. die Beantwortung der Frage gehört: „Was will ich messen und warum?“ Es ist unser aller Verantwortung, diese Frage immer wieder aufs Neue zu stellen, egal, ob wir „nur“ Urin oder Stuhl verschicken oder ob wir invasiv Material gewinnen.

Alle 3 Beiträge warnen in ihrer kritischen Betrachtung vor Überdiagnostik, die nicht nur medizinisch sinnfrei ist, sondern gelegentlich rein ökonomisch getriggert sein kann. Frau Koletzko ist zu ihren klaren Worten dazu nur zu beglückwünschen.

Frank Kowalzik und Markus Knuf beschäftigen sich mit der wichtigen Frage nach Korrelaten des Schutzes nach Immunisierung. Keine Sorge, Laborverfahren zur Überprüfung des Impfschutzes sind und werden auch so schnell nicht zur Routine. Dennoch kann in Ausnahmefällen wie z. B. vor einer Organtransplantation oder in einer Studiensituation eine solche Überprüfung wichtig sein. Es liest sich sehr spannend, welche Parameter dann sinnvoll sein können.

Abschließend wünschen wir Ihnen höchsten Lesegenuss und vielleicht das eine oder andere „Aha“ oder „Oho“.

Herzlichst Ihre

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Fred Zepp und

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Lutz T. Weber