Hautblutungen und Blutergüsse werden bei Kindern besonders im Kleinkindesalter häufig beobachtet. Meist haben diese Veränderungen eine natürliche Ursache. So erleben Kleinkinder mit zunehmender Mobilität ein wachsendes Risiko, beim Erkunden ihrer Umwelt auch kleine Blessuren in Kauf nehmen zu müssen. Typischerweise finden wir die Spuren dieses Erkundungsdrangs in Form von multiplen Hämatomen im Bereich beider Unterschenkel. Hautblutungen können allerdings auch auf Störungen des Gerinnungssystems hinweisen oder als Begleitsymptom von Systemerkrankungen auftreten. Nicht vernachlässigt werden darf darüber hinaus die Bedeutung von Hautblutungen und Hämatomen als Zeichen einer Kindesmisshandlung. Gerade eine ungewöhnliche Häufung von Hämatomen und/oder das Auftreten in atypischer Lokalisation und Ausprägung müssen den Pädiater an diese wichtige Differenzialdiagnose denken lassen.

Für die Arbeit des Kinderarztes ist es wichtig, unter den vielen unproblematischen Hautblutungen und Hämatomen, die er tagtäglich in seiner Praxis oder Notfallambulanz sieht, diejenigen zu identifizieren, die Ausdruck einer schwerwiegenden Grunderkrankung sein können. Dabei spielen die Fähigkeit zur exakten klinischen Beurteilung der Ausprägung von Hautblutungen hinsichtlich Größe, Form, Beschaffenheit und Lokalisation sowie die anamnestische Erfassung der Manifestationsfrequenz und typischer Auslösesituationen eine entscheidende Rolle.

Wichtig ist, die wenigen problematischen unter den vielen harmlosen Hautblutungen zu erkennen

Im vorliegenden Leitthemenheft werden drei wichtige Aspekte von Hautblutungen im Kindesalter durch kompetente Autorenteams vorgestellt: Christoph Bidlingmaier, Martin Olivieri und Karin Kurnik aus der Abteilung Pädiatrische Hämostaseologie der Universitätskinderklinik München stellen charakteristische Befunde von Hautblutungen als Symptom angeborener Gerinnungsstörungen dar. Die Autoren erläutern dabei nicht nur den strukturierten Weg zur klinischen Diagnosefindung, sondern vermitteln auch eine übersichtliche Einführung in die laborchemische Gerinnungsdiagnostik und die Interpretation von Gerinnungsanalysen. Abgerundet wird der Beitrag durch Hinweise zur Klinik und Diagnostik von sehr seltenen angeborenen Störungen des Gerinnungssystems.

Der sich anschließende Beitrag von Roland Elling, Markus Hufnagel und Philipp Henneke aus der Universitätskinderklinik Freiburg greift das wichtige Thema der infektassoziierten Hautblutungen auf. Die Symptomkombination von Fieber und Hautblutung kann einerseits Begleiterscheinung banaler viraler Infektionen, andererseits aber das entscheidende Alarmsignal einer drohenden, fulminant verlaufenden bakteriellen Sepsis sein. Die Ausführungen der Autoren fokussieren auf diese für unseren klinischen Alltag entscheidende diagnostische Herausforderung. In klarer und prägnanter Form beschreiben sie Klinik und Pathogenese von Hautblutungen im Rahmen eines Infektionsgeschehens und geben wichtige Hinweise, die die – für den Patienten u. U. lebenswichtige – Diagnosefindung unterstützen können. Der Artikel integriert die Darstellung eines differenzialdiagnostischen Algorithmus zum diagnostischen Vorgehen bei der Konstellation „Fieber plus Petechien“.

Der dritte Beitrag zu unserem aktuellen Leitthema befasst sich mit der Bedeutung von Hautblutungen als führendes Symptom von Kindesmisshandlungen. Die Autorin Bianca Navarro-Crummenauer ist Leiterin der Forensischen Ambulanz für Opfer häuslicher Gewalt der Universitätsmedizin Mainz. Mit den Augen einer Rechtsmedizinerin führt sie uns in die speziellen Aspekte der Beurteilung von Hautblutungen als Folge von Gewalteinwirkung ein. Nachvollziehbar werden Grundlagen der Altersbewertung von Hämatomen und die Beurteilung von typischen Verletzungs- und Hämatommustern, wie Griffspuren, Abwehrverletzungen, Biss-, Würge- und Strangulationsmerkmale, vermittelt. Die Ausführungen werden durch einprägsame klinische Abbildungen eindrucksvoll illustriert. Der Artikel soll unsere Aufmerksamkeit für charakteristische Hinweise auf eine mögliche Kindesmisshandlung schulen, weist aber auch darauf hin, dass vor der Konfrontation von Eltern oder weiteren Bezugspersonen eines betroffenen Kindes die sorgfältige Abklärung ggf. unter Hinzuziehung forensisch spezialisierter Kollegen/-innen erfolgen sollte.

Prof. Dr. F. Zepp

Prof. Dr. U. Nowak-Göttl