Diese Ausgabe von Der Internist widmet sich zahlreichen neuen Aspekten der Pathogenese, aber auch der Manifestation von relevanten Stoffwechselerkrankungen in unterschiedlichen Lebensphasen, insbesondere auch im höheren Lebensalter. Seit der letzten Ausgabe von Der Internist, die sich mit diesem Thema befasste, hat es neue und außerordentlich spannende Entwicklungen in der Stoffwechselmedizin gegeben – vor allem bei den Erkrankungen, die wir mit dem metabolischen Syndrom assoziiert sehen.

Traditionell bezieht sich der Begriff metabolisches Syndrom auf einen Cluster assoziierter Symptome, der vor allem einen gestörten Glukosestoffwechsel, eine viszerale Adipositas, Hochdruck und Dyslipidämien umfasst. Da das metabolische Syndrom die kardiovaskuläre Mortalität um einen Faktor von 1,5 bis 2,5 erhöht, sind Prävention und Behandlung für die Vermeidung der Komorbiditäten und Folgen entscheidend. Wegweisend für die rasche Erkennung und zielgerichtete Behandlung des metabolischen Syndroms und seiner Komponenten ist eine exakte Kenntnis der endogenen, aber auch exogenen Ursachen seiner Entstehung und natürlich auch der klinischen Manifestationsformen in unterschiedlichen Altersgruppen. Zahlreiche sehr komplexe Veränderungen liegen der Entwicklung der kardiovaskulären Morbidität zugrunde; diese umfassen beispielsweise den Exzess von Fettgewebe, insbesondere von viszeralem Fettgewebe, aber auch eine ektope Akkumulation von Fettgewebe, unter anderem peri- oder epikardial. Weiterhin sind es chronische Entzündungen, initiiert durch aktivierte Makrophagen im viszeralen Fettgewebe und eine pathogenetisch relevante Adipokinsignatur, die zu diesen Spätfolgen beitragen.

Nicht nur die Akkumulation viszeralen und ektopen Fettgewebes, auch ein gestörter Glukosestoffwechsel auf dem Boden einer Beeinträchtigung der Insulinwirkung spielt für die Entwicklung der metabolischen und kardiovaskulären Komplikationen eine ganz wesentliche Rolle. Eine Insulinresistenz wird auf unterschiedlichen Organebenen beobachtet, beispielsweise als zentrale Insulinresistenz im Gehirn oder auch als hepatische Insulinresistenz, die unter anderem Folge einer exzessiven Freisetzung von freien Fettsäuren aus dem Fettgewebe ist. Diese verstärkt auch die Fettlebererkrankung und beeinträchtigt die Insulinsekretion aus pankreatischen β‑Zellen. Neben der erhöhten kardiovaskulären Mortalität – die vor dem Hintergrund der skizzierten Veränderungen als wesentlich zu sehen ist – sind zahlreiche weitere Erkrankungen mit dem metabolischen Syndrom assoziiert; sie reichen von einer erhöhten Inzidenz von Tumorerkrankungen bis hin zu endokrinen Störungen, psychiatrischen Erkrankungen und einer veränderten Muskelmasse und damit einer deutlichen Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Diese kurzen Ausführungen sollen verdeutlichen, warum das Thema der Stoffwechselerkrankungen mit den genannten und vielen weiteren Facetten für den Internisten ein hoch bedeutsames ist.

Wir freuen uns sehr, dass wir für diesen Schwerpunkt von Der Internist hoch kompetente Autoren gewinnen konnten, die sich den bedeutsamen und auch neuen pathogenetischen, phänotypischen und therapeutischen Aspekten von Stoffwechselerkrankungen widmen.

Die Autoren M. Merkel, S.M. Schmid u. K.A. Iwen beschreiben in ihrem Beitrag die derzeit bekannten Formen von Fettgewebe, nämlich weißes, beiges und braunes Fettgewebe. Die hohe Bedeutung des weißen (typischerweise viszeralen) Fettgewebes wird vor dem Hintergrund dargestellt, dass es sich hier nicht nur um einen „schlichten“ Energiespeicher handelt, sondern dass weißes Fettgewebe eines der aktivsten endokrinen Organe ist und – wie auch oben skizziert – wesentlich zur Entstehung des metabolischen Syndroms beiträgt. Eine potenziell hohe therapeutische Bedeutung hat braunes Fettgewebe ebenso wie das „beiging“ von weißem Fettgewebe – durch die vermehrte Fähigkeit, chemische Energie in Wärme umzuwandeln, könnte hier eine wesentliche protektive Rolle beim metabolischen Syndrom liegen.

Ein veränderter Schlafrhythmus kann den Stoffwechsel beeinträchtigen und das Diabetesrisiko erhöhen

S. Meyhöfer, B. Wilms, H. Oster u. S.M. Schmid konzentrieren sich in ihrem Beitrag zur Bedeutung des zirkadianen Schlafrhythmus für den Energiestoffwechsel auf die zirkadiane Uhr, die ein hoch spezialisierter Taktgeber des menschlichen Organismus und insbesondere auch ein wesentlicher Regulator physiologischer Stoffwechselfunktionen ist. Veränderungen des Schlafrhythmus – Schlafmangel oder eine Schlafstörung beispielsweise durch Schichtarbeit – können die Funktion von Uhrengenen beeinträchtigen und damit auch zu gestörten Stoffwechselprozessen wie einer Verminderung der Glukosetoleranz und Insulinsensitivität führen, wodurch sich das Diabetesrisiko deutlich erhöht. Dieser außerordentlich wichtige Zusammenhang zwischen Schlafstruktur, Uhren, Genen und Stoffwechsel besitzt insbesondere auf der Verhaltensebene eine hohe therapeutische Bedeutung – ganz abgesehen von seinen sehr spannenden pathophysiologischen Implikationen.

N. Stefan beschreibt in seinem Update zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung und nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) neue epidemiologische Daten und Hinweise sowie aktuelle Erkenntnisse zur Diagnose, Risikovorhersage und Therapie. Die enge Beziehung zwischen NASH und Insulinresistenz sowie kardiovaskulären Komplikationen verdeutlicht den dringenden Bedarf, durch nichtpharmakologische und pharmakologische Interventionen den Leberfettgehalt zu senken.

Die Autoren T. Laurentius, M. Freitag, J. Eitner, A. Eisert, T. Bertsch u. L.C. Bollheimer widmen sich in ihrem Beitrag zum Glukosestoffwechsel im fortgeschrittenen Lebensalter den altersassoziierten Störungen des Glukosestoffwechsels und der Glukosehomöostase. Veränderungen in der Insulinresistenz, eine altersbedingte Sekretionsstörung der β‑Zellen, aber auch Veränderungen in der Ausschüttung gastrointestinaler Peptidhormone spielen hier eine ganz wesentliche Rolle. Weiterhin gehen die Autoren in ihrem Beitrag auf die Möglichkeiten und Limitationen der antidiabetischen Therapie im höheren Lebensalter ein.

Schließlich widmen sich S. Goisser, R. Kob, C.C. Sieber u. J.M. Bauer speziell der Diagnose und Therapie der Sarkopenie, die als altersassoziierter übermäßiger Abbau von Muskelmasse, Muskelkraft und Funktionen begriffen wird und ganz wesentlich für eine Abnahme der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität im höheren Lebensalter ist. Die Assoziation mit veränderten Stoffwechselprozessen, aber vor allem auch Ansätze zur Prävention und Behandlung der Sarkopenie sind Schwerpunkte dieses Beitrags. Insbesondere steht hier eine sehr differenzierte Ernährungstherapie (Proteine) im Vordergrund, weitere Ernährungsfaktoren wie Antioxidanzien oder Omega-3-Fettsäuren werden kritisch diskutiert. Gerade im Hinblick auf die fortschreitende Alterung der Bevölkerung sind diese Themen von größter Bedeutung.

Wir hoffen sehr, mit den Beiträgen dieses Schwerpunkts den Wissenshorizont in Bezug auf hoch bedeutsame Fragen der Stoffwechselmedizin erweitern zu können, und wünschen viel Gewinn und Freude bei der Lektüre.

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H. Lehnert

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C. C. Sieber