Impfungen gehören zu den häufigsten medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen, die angesichts ihres Erfolges Lebensqualität und Überleben zahlreicher Menschen weltweit verbessert haben. Infektionskrankheiten, die noch vor einigen Jahrzehnten in einem hohen Prozentsatz bleibende Schäden oder gar den Tod verursachten, haben ihren Schrecken verloren – so weit, dass mittlerweile eine beunruhigende Impfmüdigkeit eingetreten ist. Da Impfungen eine der wenigen medizinischen invasiven Maßnahmen an gesunden Menschen sind, unterliegen sie besonders kritischer Evaluierung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit. Umfangreiche und langwierige Zulassungsverfahren sind erforderlich, bevor die zuständigen Arzneimittelbehörden eine Anwendung genehmigen. Häufig zeigen sich erst im Einsatz außerhalb von Studien langfristige Nebenwirkungen, die in Studien nicht erkennbar waren. In diesem Zusammenhang sind die Stellungnahmen der Ständigen Impfkommission (STIKO) bedeutsam, die evidenzbasiert auf systematischen Analysen der Fachliteratur Empfehlung für Impfungen ausspricht und dabei den Individual- oder Gruppenschutz gegen die Verträglichkeit abwägt und das Auftreten von Impfkomplikationen und -schäden mit staatlichen Absicherungen hinterlegt. Diese Empfehlungen beziehen auch Menschen mit angeborenen oder akquirierten und iatrogenen Einschränkungen der Immunabwehr ein [34], sind aber auf konkrete Erkrankungen der Dermatologie nicht heruntergebrochen. Einige sollen daher im Folgenden exemplarisch dargestellt werden.

Impfungen in der Dermatologie

Impfungen im weiten Sinne umfassen Maßnahmen, durch die Applikation von natürlichen oder genetisch manipulierten molekularen oder zellulären Strukturen (z. B. Proteinen oder Zellen) das Immunsystem zu stimulieren oder zu dämpfen, um Krankheiten vorzubeugen oder diese zu therapieren. Der im Englischen gebräuchliche Begriff „vaccination“ leitet sich historisch von einer der ersten solchen Maßnahmen, der Applikation von Kuhpockenvirusmaterial („vacca“ die Kuh) ab und nimmt damit Bezug auf eine prophylaktische Maßnahme gegen einen infektiösen Erreger bei gesunden Menschen.

Gerade in der Dermatologie bedarf der Begriff „Impfung“ jedoch einer genaueren Definition, da neben den Impfungen im eigentlichen Sinne gegen infektiöse Erreger oder deren Toxine immuntherapeutische Ansätze bei malignen Tumoren mit Krebsimpfstoffen als Krebsimmuntherapie, besonders beim Melanom, eingesetzt werden, aber auch in der Allergologie als spezifische Immuntherapie („Allergievakzination“) im klinischen Alltag fest verankert sind. Darüber hinaus zeichnen sich neue therapeutische Vakzinationsansätze zur Prophylaxe oder Therapie von Autoimmunerkrankungen ab.

Im Folgenden sollen Impfungen im engen Sinne, d. h. zur Vorbeugung von infektiösen Erkrankungen besprochen werden. Zu unterscheiden sind dabei einmal aktive und passive Impfungen, d. h. die aktive Stimulation des humoralen oder zellulären Immunsystems, oder die passive Verabreichung von Antikörpern. Bei der aktiven Impfung wiederum werden attenuierte, abgeschwächte Erreger als Lebendimpfung, bei Totimpfungen deren Bestandteile oder Toxine appliziert. Die aktuellen Impfstoffentwicklungen werden jedoch auch m(„messenger“)RNA(Ribonukleinsäure)- und Vektor-basierte Impfstoffe, die in der Tumorvakzinierung bereits umfänglich und erfolgreich eingesetzt werden, für die klassischen Impfungen attraktiv machen. Mit den neuen, mRNA-basierten Impfstoffen gegen SARS-CoV‑2 werden diese Ansätze erstmals breite klinische Anwendung finden.

mRNA- und Vektor-basierte Impfstoffe werden auch für die klassischen Impfungen attraktiv

In der Dermatologie sind verschiedene Szenarien bei den Impfungen im engen Sinne vorstellbar (Tab. 1), die in der

  • Exazerbation oder Provokation einer vorbestehenden Erkrankung,

  • der Induktion, d. h. dem erstmaligen Auftreten einer Hauterkrankung, oder

  • kutanen Impf- oder Unverträglichkeitsreaktionen bestehen können.

Darüber hinaus stellt sich die Frage der Durchführbarkeit von Impfungen bei aktuell bestehenden oder anamnestisch bekannten Hautkrankheiten. Eine Beeinflussung von Dermatosen ist dabei durch die verschiedenen Bestandteile der Impfpräparate vorstellbar, d. h. durch das Impfantigen selbst oder in den Lösungen enthaltene Antibiotika, Eiweiße, Konservierungsmittel oder insbesondere Adjuvanzien (Tab. 2).

Tab. 1 Potenzielles dermatologisches Szenario bei Impfungen
Tab. 2 Mögliche Bestandteile von Impfstoffen und potenzielle Auslöser von Impfreaktionen

Impfungen bei Psoriasis

Im Rahmen einer eigenen Untersuchung zu Impfaspekten bei Psoriasis an 400 Patienten, davon 52 % Männer, hatten 57 % einen schriftlichen Fragebogen zurückgeschickt, der das Vorhandensein eines Impfpasses, die Aktualität von Impfungen, die Häufigkeit einer Influenzaimpfung sowie deren Verträglichkeit und Einfluss auf die Psoriasiserkrankung bis 3 Monate nach der Impfung erfasst [31]. Das mittlere Alter der Patienten betrug 53,1 Jahre. Dabei zeigte sich, dass 85 % einen Impfausweis hatten und 60 % eine vollständige und aktuelle Tetanusimpfung, jedoch nur 40 % eine Diphtherie- und 55 % eine Polioimpfung (Abb. 1). Zwölf Patienten berichteten über einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Psoriasis im Sinne einer Verschlechterung oder eines Rückfalls ihrer Erkrankung, davon 2 Patienten nach Hepatitis-A- oder -B-Impfung, 2 Patienten nach Grippeimpfung und jeweils einer nach anderen Impfungen. Sondermann et al. [28] haben in einer retrospektiven Untersuchung bei 28 % von 101 Patienten mit Psoriasis einen unzureichenden Tetanusimpfschutz nachweisen können, bei älter als 65-Jährigen sogar in 50 %.

Abb. 1
figure 1

Prozentualer Anteil von spezifischen Impfungen bei Patienten mit Psoriasis verglichen mit dem deutschen Durchschnitt. MMR Masern, Mumps, Röteln [27]

Sadlier et al. [23] haben 170 dermatologische Patienten aus Irland, davon 75 % mit Psoriasis zu Impfungen und Begleiterkrankungen, Begleitmedikation, Rauchverhalten und demografischen Faktoren befragt. Über die Hälfte der Patienten (54 %) nutzten Biologika, 8 % in Kombination mit Methotrexat; 38 % der Patienten hat in der vorherigen Saison eine Influenzaimpfung bekommen, 21 % eine Pneumokokkenvakzinierung innerhalb der letzten 5 Jahre und nur 18 % beide Impfungen, Patienten älter als 65 und solche mit Risikofaktoren für Infektionen häufiger eine Influenza- und Pneumokokkenimpfung. Über 40 % der nicht geimpften Patienten waren Impfempfehlungen unbekannt, 15 % hatten Impfungen vergessen, 10 % berichten von Schwierigkeiten, einen Arzt zu besuchen und 4 % von Angst vor Unwohlsein nach der Impfung; 19 % meinten, sie seien zu gesund, um eine Impfung zu bekommen. Diese Arbeit belegt damit vielfältige subjektive Gründe, eine empfohlene Impfung auch in Risikogruppen nicht durchzuführen.

Hinsichtlich der Beeinflussung einer Psoriasis durch Impfungen haben Gunes et al. [5] in einer türkischen Untersuchung retrospektiv 43 Patienten mit Psoriasis erfasst, die in der Saison 2009 bis 2010 gegen Influenza geimpft worden waren; 86 % litten an einer Plaquepsoriasis, bei 84 % als Verschlechterung einer vorbestehenden Erkrankung, bei 16 % als erstmaliges Auftreten innerhalb von 3 Monaten nach Impfung. Sbidian et al. [26] haben in einer ähnlichen Untersuchung in Frankreich während der Impfsaison 2009 bis 2010 10 Patienten, davon 6 Männer erfasst, bei denen eine Psoriasis innerhalb von 3 Monaten nach Impfung neu aufgetreten oder verschlechtert war. Bei einem mittleren Intervall von 8 Tagen zwischen Impfung und Erkrankung hatten 9 dieser Patienten eine Psoriasis vom Guttata- oder Plaquetyp, 1 Patient eine generalisierte pustulöse Psoriasis. Den kurzen Abstand zwischen Impfung und Verschlechterung werten beide Autorengruppen als Hinweis auf einen Zusammenhang, insgesamt seien die Häufigkeit einer Erkrankung jedoch gering und die Symptome mild.

Sbidian et al. [25] hatten schon in einer früheren Arbeit 1308 Patienten mit Psoriasis zu deren Einschätzung des monovalenten Grippe-Impfstoffes (H1N1) gefragt. Nur 19 % waren geimpft, 17 % äußerten Bedenken, 54 % hatten Angst vor Nebenwirkungen, 17 % Angst vor einer Exazerbation ihrer Psoriasis, und 50 % äußerten Zweifel am Impferfolg.

Mögliche Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung und Meldung von Unverträglichkeitsreaktionen konnten Poethko-Müller et al. [19] im Rahmen des deutschen Kinder- und Jugendgesundheitssurvey KiGGS von 2003 bis 2006 beschreiben, der jedoch keine spezifischen Krankheitsentitäten erfasste. Unter knapp 18.000 Probanden jünger als 17 Jahre wurden Unverträglichkeitsreaktionen auf Impfungen häufiger von Eltern, die im ehemaligen Westdeutschland wohnten, angegeben als von Eltern in der ehemaligen DDR (OR [Odds Ratio] 1,61), von Eltern mit Kindern, die besonderer Gesundheitsfürsorge bedurften (OR 1,49), und Eltern mit Bedenken gegen Impfungen (OR 3,29). In einer zweiten Arbeit der Autoren [20] zu diesem Survey aus knapp 16.000 Probanden jünger als 17 Jahre berichteten Eltern von 332 Kindern (2,1 %) über mindestens eine Unverträglichkeit von Impfungen. Diese entsprachen den in der jeweiligen Fachinformation aufgeführten, allerdings lagen die kalkulierten Frequenzen unter den berichteten. Damit konnten keine besonderen unerwünschten Reaktionen, aber ein positives Verhältnis von Risiko und Vorteil nachgewiesen werden.

Auch andere Impfungen werden verdächtigt, Hauterkrankungen nachhaltig zu beeinflussen. Koca et al. [11] berichten von einem 7‑jährigen Jungen, der bei positiver Psoriasisanamnese seines Vaters und Onkels 1 Woche nach einer BCG(Bacillus Calmette–Guérin)-Impfung eine Psoriasis guttata entwickelte. Topische Kortikosteroide führten zu einem raschen und vollständigen Rückgang der Hautveränderungen. Neben der BCG-Impfung [3, 30] sind die Exazerbation einer Psoriasis als sog. Psoriasis vaccinalis unter Tetanus-Diphtherie-Impfung beschrieben [14] sowie das Auftreten einer Psoriasisarthritis nach einer Rötelnimpfung [17].

Zusammenfassend zeigt sich der Impfstatus bei Psoriasis insgesamt als eher schlecht und die Offenheit gegenüber Impfungen als gering, während jedoch Impfreaktionen insgesamt selten sind und am ehesten zu einer Exazerbation einer Psoriasis, seltener zum Auftreten einer pustulösen Psoriasis führen. Kontrollierte populationsweite Untersuchungen liegen jedoch nicht vor.

Impfungen bei atopischem Ekzem

Die Verschlechterung einer Neurodermitis oder die Bahnung von Allergien, besonders vor einem atopischen Hintergrund durch Impfungen werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Wie bei der Psoriasis sind eine Induktion und Verschlechterung vorstellbar. Die Indikationsstellung von Impfungen ist besonders kritisch, da sich das Kindesalter durch eine hohe Prävalenz der atopischen Dermatitis auszeichnet, andererseits hier die meisten relevanten und empfohlenen Impfungen mit Tot- wie auch Lebendimpfstoffen anstehen. Dies erklärt eine scheinbare Häufung sowie einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Auftreten oder Verschlechterung einer atopischen Dermatitis und Impfungen, ohne dass tatsächlich eine Kausalität besteht. Gleichzeitig kann eine atopische Dermatitis durch Wildvirus- oder andere Infektionen induziert, aber auch verkompliziert werden. Daher ist insbesondere eine Impfung gegen Varizella-Zoster zur Vermeidung einer schweren viralen Hautinfektion empfohlen. Schmitz et al. [27] konnten im Rahmen des deutschen Kinder- und Jugendgesundheitssurvey KiGGS von 2003 bis 2006 unter 13.500 Kindern und Jugendlichen zwischen 1 und 17 Jahren eine Lebenszeitprävalenz mindestens einer atopischen Erkrankung von 12,6 % bei nicht geimpften und 15 % bei geimpften Kindern im Alter von 1 bis 5 Jahren nachweisen. Bei älteren Kindern lagen diese Zahlen jeweils nicht geimpft vs. geimpft bei 30 % vs. 24,4 % im Alter von 6 bis 10 Jahren und 20 vs. 30 % im Alter von 11 bis 17 Jahren. Insgesamt war damit die Prävalenz von atopischen Erkrankungen nicht wesentlich abhängig vom Impfstatus.

Kinder wie Erwachsene mit atopischer Dermatitis können und sollten die empfohlenen Standardimpfungen entsprechend dem Lebensalter erhalten, allerdings in eher erscheinungsfreiem oder -armem Zustand, idealerweise auch ohne immunmodulierende Systemtherapie (s. unten). Entsprechende Einschätzungen erfolgen u. a. in der deutschen S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der atopischen Dermatitis [36] als auch europäischem Expertenkonsensus und Leitlinien [38, 39].

Kutane Intoleranzreaktionen

Das Spektrum berichteter kutaner Intoleranzreaktionen auf Impfungen ist breit und heterogen, größtenteils aber kasuistisch. Chahal et al. [2] geben neben dem Fallbericht einer 19-jährigen Frau, bei der nach einer Meningokokken-B-Impfung eine toxisch epidermale Nekrolyse (TEN) auftrat, einen Literaturreview von insgesamt 29 Artikeln über kutane Intoleranzreaktionen, davon 22 zu Erythema multiforme, 6 zu Stevens-Johnson-Syndrom und 4 zu TEN. Beteiligte Impfungen waren gegen Varizellen, Masern, Hepatitis B und DPT (Diphtherie, Pertussis, Tetanus).

Nilsson et al. [16] haben in einem Positionspapier der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EACCI) den Zusammenhang zwischen Impfungen und Allergie dargestellt. Während der Verdacht eines Zusammenhanges häufig geäußert wird, sind gesicherte anaphylaktische Reaktionen nach Impfungen selten. Anaphylaktische Reaktion werden in einer Häufigkeit von weniger als 1 auf 100.000 beobachtet. Obwohl allergische Reaktionen auch ohne bekannte Risikofaktoren auftreten können, sollten eher unbegründete Angst und Unsicherheit nicht zum Unterlassen von Impfungen bei Kindern oder Erwachsenen führen. Auch die Bedenken, kindliche Immunisierungen könnten eine allergologische Sensibilisierung und nachfolgende Erkrankungen induzieren, lassen sich nicht belegen. Trotzdem muss diese Situation mit dem Betroffenen und deren Eltern diskutiert werden. Diesen Aspekt bearbeiten auch konnten Arnoldussen et al. [1], die in einem systematischen Review mit Metaanalyse keinen Zusammenhang zwischen einer BCG-Impfung und einer erhöhten Sensibilisierung gegen Allergene nachweisen konnten.

Gesicherte anaphylaktische Reaktionen nach Impfungen sind selten

Allergische Reaktionen sind auf verschiedene Bestandteile von Impfstoffen beschrieben und im Einzelfall zu klären [29, 40]. Besonders Sensibilisierungen auf Hühnereiweiß können bei Virusimpfstoffen bedeutsam sein wie Masern, Influenza und Gelbfieber [6, 7]. Klimek et al. [8] beschreiben in einem selektiven Literaturreview allergische Reaktionen auf Impfungen bei Patienten mit Allergie auf Hühnereiweiß. Bei vorbestehenden anaphylaktischen Reaktionen und nachgewiesener Sensibilisierung sollten idealerweise soweit verfügbar hühnereiweißfreie Impfpräparate genutzt werden, alternativ die Patienten ggf. mit Antihistaminika und Kortikosteroiden vorbehandelt oder die Impfungen auf mehrere Portionen verteilt und der Patient über Nacht beobachtet werden. Nur in Einzelfällen ist eine Toleranzinduktion erforderlich.

Adjuvanzien, die in großer chemischer und funktioneller Heterogenität eingesetzt werden, sollen die Immunogenität von Impfantigenen erhöhen, sind aber auch in der Lage, Unverträglichkeitsreaktionen, ggf. auch Autoimmunreaktionen zu induzieren. Aluminiumhaltige Adjuvanzien sind beispielsweise in der Lage, Th2-mediierte Immunreaktionen einschließlich einer Eosinophilie, nicht jedoch regulative Mechanismen in Gang zu setzen, was zur Ausbildung allergischer Erkrankungen bei entsprechender genetischer Prädisposition führen kann [32]. Andererseits werden Adjuvanzien auch in der allergenspezifischen Immuntherapie eingesetzt, um die klinische Effektivität der Therapie zu verbessern und die Symptome allergischer Erkrankungen zu vermindern [9].

Lichenoide Reaktionen auf Impfungen

Neben exanthematischen, urtikariellen und ekzematoiden Veränderungen der Haut sind besonders häufig durch Impfungen induzierte lichenoide Hautreaktionen beschrieben. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurden Vakzinations-induzierte lichenoide Reaktion im sog. Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) in der Zeit von Juli 1990 bis November 2014 erfasst [12]. Bei insgesamt 435.000 Ereignissen zeigten sich in 33 Fällen ein Lichen planus, in 4 Fällen ein oraler Lichen planus sowie in 6 Fällen ein disseminiertes lichenoides Exanthem. Patienten mit Lichen-planus-Reaktion waren bei einem mittleren Beginnalter von 47 Jahren signifikant älter als Patienten mit anderen Unverträglichkeitsreaktionen. Die mittlere Zeit bis zum Auftreten der unerwünschten Wirkungen betrug 14 Tage. Am häufigsten fanden sich in dieser Untersuchung als Auslöser die Hepatitis-B-, Influenza- und Varizella/Zosterimpfungen. Bei einer Inzidenz von 0,032–0,037 % und Prävalenz von 0,22–5 % des Lichen ruber planus in der Bevölkerung werden in der Literatur kasuistisch verschiedene Medikamente und Impfungen als Auslöser beschrieben, 50 publizierte Fälle durch Hepatitis-B-Impfung sowie weitere nach Influenza‑, Tetanus-Diphtherie-Pertussis sowie Masern-Mumps-Röteln-Impfungen [18, 24, 33].

Impfungen bei Dermatosen

Die Durchführung von Impfungen bei vorbestehenden Hautkrankheiten und insbesondere gleichzeitiger immunsuppressiver oder -modulierender Medikation muss im Einzelfall kritisch erwogen werden [4, 10, 13, 15, 21, 34, 37]. Vorherige Impfungen sollten erfragt werden, bestenfalls sind sie schriftlich im Impfpass dokumentiert. Gegebenenfalls sollte eine Bestimmung von schützenden Impftitern erfolgen und eine Impfung oder deren Auffrischung vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie durchgeführt werden. In diesen Fällen sowie ab einem Alter von 50 Jahren werden eine Pneumokokken- und Herpes-zoster-Impfung empfohlen sowie saisonal angepasst 1‑mal pro Jahr eine Influenzaimpfung. Bei Anwendung von topischen Kortikosteroiden kann eine Impfung mit Tot- und Lebendimpfstoffen bedenkenlos durchgeführt werden, Lebendimpfstoffe hingegen sollten nur bei systemischer Steroidtherapie mit einer Dosis < 20 mg/Tag bei Erwachsenen und < 2 mg/kg Körpergewicht bei Kindern appliziert werden, bei Kortikoiddosen > 20 mg/Tag erst 4 Wochen nach Absetzen der Steroidtherapie.

Reiseimpfungen bei Dermatosen

Bei Menschen mit chronischen Hauterkrankungen ist die Durchführung von Impfungen in Vorbereitung auf Reisen kritisch. Generell gilt, dass Reisen in stabilem Hautzustand und unter stabiler Therapie möglich sind, Dermatosen jedoch durch die Zeitumstellung, andere Ernährung und klimatische Bedingungen exazerbieren können. Da infektiöse Erkrankungen ebenfalls zu akuten Verschlechterungen der Hauterscheinungen führen können, sollte allein deswegen ausreichender Impfschutz bestehen mit abgeschlossenen Standardimpfungen und abhängig von Reisedauer und -umständen sowie vom Zielgebiet weiteren Impfungen wie gegen Hepatitis A, Typhus und Cholera. Gelbfieber‑, Polio- und Meningokokkenimpfungen werden in manchen Ländern für die Ein- bzw. Ausreise vorgeschrieben und sind besonders auch bei grenzüberschreitenden Reisen zu beachten [22, 35]. Die Gelbfieberimpfung, die für Südamerika und Afrika sinnvoll ist, vielfach auch gefordert wird, ist als Lebendimpfung bei immunsuppressiv behandelten Menschen kontraindiziert und sollte erst nach einer Therapieunterbrechung von 4 Wochen durchgeführt werden. Bei bestehender Allergie auf Hühnereiweiß ist das oben beschriebene Vorgehen nötig. Insgesamt ist daher insbesondere bei geplanten Fernreisen eine frühzeitige umfassende reisemedizinische Beratung sinnvoll, die das individuelle Infektionsrisiko, vorbeugende Maßnahmen wie auch Reiseimpfungen umfasst.

Fazit für die Praxis

  • Eine Verschlechterung von bestehenden oder Provokation neuer Hauterkrankungen durch Impfungen ist prinzipiell möglich, aber selten.

  • Impfungen sind daher auch bei Patienten mit Hautkrankheiten möglich und sinnvoll, sollten jedoch nicht im akuten Stadium und abhängig von einer immunmodulatorischen/-suppressiven Systemtherapie durchgeführt werden.

  • Auch bei chronischen Erkrankungen sollten der geeignete Zeitpunkt abgepasst und Impfungen geplant werden.

  • In der Induktionsphase einer immunmodulatorischen/-suppressiven Therapie sollten jegliche Impfungen vermieden werden, danach sind Todimpfstoffe eher unbedenklich, Lebendimpfstoffe aber kontraindiziert.

  • Insbesondere Pneumokokken- und Hepatitis-B- sowie Tetanus-Diphtherie-Polio-Impfungen sollten idealerweise vor Einleiten einer immunmodulatorischen/-suppressiven Therapie durchgeführt sein, andernfalls die Verträglichkeit zwar gut, die Impfantwort und damit der Infektionsschutz aber vermindert sein können.