Zukunftsforschung ist Kratzen, bevor es einen juckt.

Peter Sellers, britischer Schauspieler (1925–1980)

Chronischer Pruritus ist zweifelsohne ein stark belastendes Symptom, bedenkt man die Folgen wie Schlafstörungen, eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Gefühl der Stigmatisierung durch sichtbare Kratzläsionen. Die Patienten leiden durch diese negativen Auswirkungen, die durch mangelnde und mangelhafte Therapien potenziert werden und so oft zu der Entwicklung psychischer Symptome beitragen.

Das größte Anliegen der forschenden Pruritusmedizin ist es daher, neue Mechanismen und Substanzen aufzuspüren, die sich für eine erfolgreiche antipruritische Therapie eignen. Der Bedarf ist groß, da das Symptom durch den demografischen Wandel stetig an Inzidenz zunimmt. In diesem Leitthemenheft soll es daher weniger um die Folgen des Pruritus als den Blick in die Zukunft gehen. Was wissen wir über die Pruritusmechanismen und daraus resultierende Therapiemöglichkeiten?

Translationale Pruritusmedizin – wo stehen wir heute?

Mit diesem Gedanken haben wir Experten eingeladen, über verschiedene Aspekte und Perspektiven der Pruritusmedizin zu berichten. M.P. Pereira, K. Agelopoulos, A.E. Kremer und M. Schmelz stellen in ihrem Beitrag fest, dass ein komplexes Netzwerk von Neuriten, Keratinozyten, inflammatorischen Zellen sowie Zytokinen, Neuropeptiden und neurotrophen Substanzen bei der Auslösung und Chronifizierung des Pruritus bei Dermatosen eine essenzielle Rolle spielt. Bei nichtdermatologischem Pruritus sind sowohl die Pruritogene als auch die neurobiologischen Mechanismen noch nicht vollständig geklärt, jedoch finden sich immer mehr Schlüsselmechanismen für mögliche Therapietargets. Das Team um A. van Laarhoven und A. Evers berichtet, wie Erwartungen der Patienten positive (Placebo) oder negative (Nocebo) Effekte auf den Pruritus oder den Therapieerfolg haben können. Dieses hochinteressante Thema ist für viele Aspekte in der Versorgung relevant: z. B. Placeboeffekte in klinischen Studien oder Noceboeffekte (und damit das Auftreten von Nebenwirkungen) bei der Routinebehandlung. Noch ist unklar, inwieweit heute genutzte Therapien von diesen Effekten beeinflusst sind oder wie wir die Effekte gezielt hervorrufen können. Dennoch ist eine Einbindung dieser Themen in die Überlegungen zur effizienten Therapiegestaltung unerlässlich. Damit wären wir bei zwei weiteren Schwerpunktbeiträgen, in denen die aktuellen Therapiemöglichkeiten dargestellt werden. F. Legat „beleuchtet“ den Stellenwert und den Nutzen der Phototherapie und Photochemotherapie als wichtige Säulen in der Behandlung des Pruritus. C. Zeidler, M. Metz, S. Steinke und S. Ständer stellen die aktuellen Therapiemöglichkeiten vor, die in der Leitlinie empfohlen werden und derzeit in der klinischen Entwicklung sind. Beide Beiträge legen den Schluss nahe, dass sich die Therapieoptionen des Pruritus derzeit gut entwickelt haben und bereits eine Vielzahl an bewährten Therapiekonzepten für verschiedene Pruritusformen existiert. Dies wird anhand der für den Pruritus demografisch wichtigsten Population, dem Pruritus beim älteren Menschen, von E. Weisshaar und T. Mettang vertieft. Hierbei wird insbesondere auf die Klippen bei der Versorgung dieser Patienten aufmerksam gemacht wie im Alter auftretende relevante Nebenwirkungen, wodurch die Umsetzung und die Wirksamkeit der Therapie erschwert werden kann.

Die in diesem Heft aufgegriffenen Themen sind auch Voraussetzungen für ein erfolgreiches klinisches Management der Patienten und hochrelevant, da der patientenseitige Bedarf an effektiven Pruritustherapien in Zukunft weiter steigen wird, wie insbesondere das letzte Thema zeigt. Derzeit sieht die Facharztausbildung in dem Curriculum keine Kenntnisse zur Pruritusmedizin vor. Um diese Lücke zu schließen, sind alle Autoren auch an dem 6. Münsteraner Pruritussymposium (12 CME-Punkte; www.pruritussymposium.de) beteiligt, das am 7. und 8. September 2018 im Schloss Münster stattfindet. Wir freuen uns, dann direkt mit Ihnen Ihre Fragen zu den Beiträgen besprechen zu können. Vorerst jedoch viel Freude beim Lesen.

figure c

Sonja Ständer

figure d

Franz Legat