Geboren und aufgewachsen in Freiburg im Breisgau, absolvierte Rudolf Happle (Abb. 1) nach dem Medizinstudium in Marburg, München, Hamburg, Kiel, Montpellier und wiederum Freiburg seine dermatologische Weiterbildung an der dortigen Universitäts-Hautklinik. Im Jahr 1972 wechselte er als Oberarzt an die Universität Münster und habilitierte 1974 bei Egon Macher über das Gorlin-Syndrom (Basalzellnävussyndrom). Im Jahr 1986 folgte er dem Ruf auf den dermatologischen Lehrstuhl nach Nijmegen, 5 Jahre später wurde er zurück nach Deutschland auf den Lehrstuhl für Dermatologie an die Philipps-Universität Marburg berufen. Die Position als Direktor der Marburger Universitäts-Hautklinik hatte er bis zu seiner Emeritierung 2004 inne. Was sich daran anschloss, ist mit der Bezeichnung „Ruhestand“ wohl kaum charakterisierbar. Vielmehr schaltete der Urvater des kutanen Mosaizismus jetzt den produktiven Turboschnellgang ein, bezog als Emeritus ein Dachzimmer in der alten Marburger Hautklinik und lieferte von 2004 bis 2010 weitere 100 Publikationen. Als die Klinik dann von der Innenstadt auf die Lahnberge verlegt wurde, entschloss sich Happle, einer Einladung von Prof. Dr. Dr. h.c. Leena Bruckner-Tuderman als Gastprofessor zu folgen und in seine Heimatstadt Freiburg zurückzukehren. Dort ist er seither als Emeritus und Gastprofessor der Universitäts-Hautklinik wiederum in einem Büro unter dem Dach (seiner „Denkzelle“) mit ungebremster publizistischer Leistungsfähigkeit tätig: 110 Artikel listet PubMed von 2010 bis heute, sodass er nun auf ein Gesamtwerk von über 600 Originalarbeiten, Fallbeschreibungen und Kommentaren mit Fug und Recht stolz sein darf. Nach seiner Pensionierung war und ist er aber nicht nur mit dem Abfassen von wissenschaftlichen Artikeln beschäftigt. Sowohl in Marburg als auch heute in Freiburg ist er seit seiner Emeritierung regelmäßig mit Freude und Hingabe an der Lösung komplexer klinischer Fragestellungen, besonders in den Sprechstunden für Genodermatosen, beteiligt, und seine weltweiten Vortragsaktivitäten auf Einladung von Kongressorganisatoren haben sogar noch deutlich zugenommen. Ebenfalls ungebremst sind seine rege globale Korrespondenz und weitreichende Vernetzung mit Ärzten und Naturwissenschaftlern, die er mit höchstem Sachverstand und immer auch viel Humor bei kniffligen klinischen und molekularen „Knacknüssen“ berät.

Abb. 1
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Rudolf Happle mit Enkel Ferdinand (Mit freundl. Genehmigung der Familie, alle Rechte vorbehalten)

Wissenschaftliches Werk

Wie schon angedeutet, ist es unmöglich, das wissenschaftliche Gesamtwerk des Jubilars im Rahmen einer Laudatio auch nur annähernd zu umreißen (vgl. auch [9]). Wir können der Leserschaft jedoch Anregungen liefern, dass es lohnt, in die faszinierende Welt des kutanen Mosaizismus einzutauchen, die für immer mit dem Namen Rudolf Happle verbunden bleiben wird. Denn Hautmosaike treten in eindrucksvollen Mustern auf, die neu oder wieder zu entdecken, zu klassifizieren und zu interpretieren eine Lebensleistung des Jubilars ist [5, 7]. Doch nicht nur Form und Vielfalt dieser Muster sind erstaunlich, sondern auch die Tatsache, dass die Hautmanifestationen zum Großteil vollkommen einzigartig sind, da wir es hier sehr oft mit phänotypischen Erscheinungen zu tun haben, die ausschließlich im Zustand des Mosaiks vorkommen. Oder anders gesagt: Wir begegnen Hauterscheinungen, die wir ohne das „Experiment der Natur“ des Mosaizismus niemals zu Gesicht bekämen.

Happle verdanken wir die Wiederentdeckung und korrekte Interpretation der Blaschko-Linien, jenem Muster aus springbrunnenartig angeordneten und sich verwirbelnden Bändern, für die der Jubilar bereits 1977 eine schlüssige und inzwischen mannigfach molekular bestätigte Hypothese lieferte [2]. Die Mosaiklinien reflektieren ein embryonales Ereignis, das zum Aussprossen phänotypisch unterschiedlicher Zellklone führt. Dies kann auf einem epigenetischen Mechanismus wie dem Lyon-Effekt der X‑Inaktivierung beruhen, also bei Trägerinnen X‑chromosomaler Mutationen, so beispielsweise bei der Incontinentia pigmenti, der fokalen dermalen Hypoplasie oder der von ihm erstbeschriebenen X‑chromosomal-dominanten Chondrodysplasia punctata (Conradi-Hünermann-Happle-Syndrom). Oder aber es handelt sich um postzygotische autosomale Mutationen, die einen neuen, aberranten Zellklon generieren, der sich als klinisch sichtbares kutanes Mosaik manifestiert. Wenn nun diese Mutationen eigentlich mit dem Leben nicht vereinbar sind, so überleben diese Zellklone ausschließlich im Mosaikzustand. Diese Letalgenhypothese postulierte Happle bereits Mitte der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts [3, 4]. Nur in Nachbarschaft zu und somit abhängig von normalen Zellen kann der aberrante Zellklon auswachsen und dann zu außergewöhnlichen Phänotypen mit charakteristischen Hautmustern führen. Diese durch rein theoretisches Nachdenken und logische Verknüpfung klinischer Befunde generierte Hypothese wurde in der Folgezeit immer wieder an zahlreichen und zum Großteil von Happle selbst enträtselten sporadischen Syndromen molekulargenetisch bestätigt (Tab. 1). Seinen eigenen Worten zufolge ist es dem Jubilar die größte Freude, die Ära der Next-generation-Sequenzierung mitzuerleben. Gut nachvollziehbar, zeigt sich doch hierbei, dass er nicht weniger als ein allgemeingültiges Naturprinzip entschlüsselt hat, das auch über die Grenzen des dermatologischen Fachgebiets hinaus das Verständnis von Krankheitsentstehung beeinflussen wird.

Tab. 1 Sporadische Mosaiksyndrome, bei denen das Konzept einer Letalmutation molekular bewiesen worden ist

Die Möglichkeit, eine klinisch-genetische Idee heutzutage zeitnah molekular überprüfen zu lassen, ist für Rudi Happle regelrecht elektrisierend. Zu seiner Marburger Zeit gelang dies durch seine Freundschaft mit Karl-Heinz Grzeschik, dem damaligen Leiter des humangenetischen Instituts, heute ist es in Freiburg sogar in der Universitäts-Hautklinik direkt möglich zu sequenzieren. Faszinierend für Happle ist auch die noch junge Entdeckung sog. hypomorpher Allele. So ist z. B. das Conradi-Hünermann-Happle-Syndrom ein männlich-letaler Phänotyp, der nahezu ausschließlich bei Frauen zu finden ist, die über ein zweites nicht mutiertes X‑Chromosom verfügen. Hemizygote Mutationen in einem solchen „Letalgen“ können aber in seltenen Fällen auch ohne Mosaikzustand überlebt werden, nämlich dann, wenn die Auswirkung auf die Genfunktion weniger schwerwiegend ist. Somit kann ein Individuum einen diffusen Phänotyp ohne Mosaik aufweisen, obwohl das mutierte Gen sich sonst letal auswirkt. Als amerikanische Autoren im Jahr 2003 über einen Knaben mit einem „schwerwiegenden atypischen Phänotyp des Conradi-Hünermann-Happle-Syndroms“ und einer EBP-Mutation berichteten, war Rudi Happle sofort klar, dass hier ein ganz anderes, bislang noch unbekanntes Krankheitsbild vorliegen musste, verursacht durch eine hypomorphe, d. h. relativ milde EBP-Mutation, die den Knaben überleben lässt, während die Konduktorinnen erscheinungsfrei bleiben. Für diese neue Krankheit hat die Freiburger Arbeitsgruppe unter Rudis Mitwirkung die Bezeichnung MEND-Syndrom (MEND: „male EBP disorder with neurological defects“) vorgeschlagen [1]. Inzwischen hat das MEND-Syndrom eine eigene OMIM(Online Mendelian Inheritance in Man)-Nummer 300960 bekommen.

Den Status eines allgemeingültigen Prinzips verdient sicherlich eine weitere Entdeckung Happles, nämlich der segmentalen Typ-2-Manifestation autosomal-dominanter Genodermatosen. Manchmal findet sich bei solchen Patienten, aufgelagert auf dem gewöhnlichen Phänotyp, ein zumeist streifenförmiges Segment mit besonders schwerem Befall. Dies interpretierte der Jubilar als Folge eines embryonalen Verlustes des Wildtypallels, d. h. des Verlustes der Heterozygotie, welcher der Entstehung des nun homo- oder hemizygot gewordenen Zellklons zugrunde liegt. Dass Happle damit recht hatte, bewies zuerst Jorge Frank (damals Aachen) 2004 mit seiner Arbeitsgruppe an einer von Happle identifizierten Patientin mit Morbus Hailey-Hailey und blaschkolineären Arealen mit schwerster Akantholyse [10]. Frank präsentierte die molekulare Bestätigung der korrekten Hypothese gerade noch rechtzeitig vor der Emeritierung Happles anlässlich dessen 65. Geburtstags bei einem Festsymposion in Marburg. Die Tab. 2 zeigt, dass in der Folgezeit bei zahlreichen weiteren autosomal-dominanten Phänotypen mit segmentalem Typ-2-Befall das von Happle vorausgesagte Prinzip des Allelverlustes auf molekularer Ebene bewiesen werden konnte, so auch bei Happles Habilitationsthema, dem Gorlin-Syndrom [11]. Dass dieses Prinzip wiederum nicht nur auf die Haut beschränkt ist, sondern auch allgemeinmedizinische Gültigkeit haben muss, konnte der Jubilar in einer Anfang dieses Jahres vorgelegten umfangreichen Übersichtsarbeit eindrücklich aufzeigen [8].

Tab. 2 Autosomal-dominante Hautkrankheiten, bei denen das Konzept des segmentalen Mosaiks vom Typ 2 molekular bewiesen worden ist

Anhand dieser wenigen, ausgesuchten Beispiele lässt sich nur annähernd ermessen, wie weitreichend das Gesamtwerk Rudi Happles die Dermatologie, die Genetik und gesamte Medizin beeinflusst hat und künftig beeinflussen wird. Nicht weiter eingehen können wir hier auf seine Arbeiten zum überlagerten Befall bei vielen polygen determinierten Dermatosen, wodurch Happle beispielsweise die prononcierte lineäre Manifestation der Psoriasis oder des Lichen ruber erklärt. Die Auflistung der Erstbeschreibungen zahlreicher neuer Syndrome und neuer Nävi, auch die Erörterung der Theorien zur Entstehung von vaskulären Zwillingsflecken oder zum epigenetischen Effekt von Retrotransposomen – all das und mehr füllt bereits ein ganzes Buch – ein Buch, das seit 2014 existiert, schlicht betitelt „Mosaicism in human skin“, und das man ohne Übertreibung als Opus summum des Jubilars bezeichnen kann [6]. Happle schrieb es als Emeritus überwiegend in den schon erwähnten Dachzimmern der Marburger und Freiburger Hautkliniken, indem er alles zusammentrug, was Stand des klinischen und molekularen Wissens zu diesem Thema ist. Hierbei gelang es ihm, jeden noch so komplexen Sachverhalt einleuchtend und verständlich darzustellen. Seine weitreichende Vernetzung ermöglichte es ihm, fantastisches Bildmaterial aus aller Welt zu beschaffen und ein Werk vorzulegen, das wir jetzt hier nicht mit weiteren Superlativen beschreiben, sondern der geneigten Leserschaft mit Enthusiasmus ans Herz legen möchten.

Kongressaktivitäten, Anerkennung und Ehrungen der jüngeren Zeit

Der multilinguale Jubilar wird als Referent auf Kongresse rund um den Globus eingeladen. Seine Vorträge haben nach wie vor Kultcharakter, wobei es ihm bisweilen eine Lust ist, die wichtigsten Fakten nach seinem Vortrag nochmals in der jeweiligen Landessprache zusammenzufassen. Den Hörern prägt er sich durch pointiert geschliffene Redekunst, Wortwitz und messerscharfe Logik ein. Und bei den Gesellschaftsabenden kann er auch mal spontan zur Rampensau werden, etwa indem er seine brüllend komischen Limericks (diese publiziert er unter seinem Pseudonym Ole Haldrup) zum Besten gibt. Überhaupt scheint dies ein Geheimnis seines Erfolgs zu sein: Indem er sich Klinikern und Wissenschaftlern weltweit durch stupende Vorträge und als sympathisch-humorvoller Gesprächspartner permanent im Gedächtnis verankert, erhöht er seine Chancen, an seltene Fälle zu gelangen. Um gleich zur Sache zu kommen, eröffnet er beispielsweise eine Konversation mit den Worten „Mein Name ist Rudi Happle, Sie können mir sehr gern Bilder von streifenförmigen Dermatosen schicken …“.

Für sein Buch „Mosaicism in human skin“ erhielt der Jubilar 2014 den Preis der Deutschen Stiftung Kinderdermatologie. Das damit verbundene Preisgeld investierte er noch im selben Jahr sinnvoll, indem er kurzerhand das internationale Symposion „Mosaic Disorders in Pediatric Dermatology“ in Freiburg organisierte. Dabei zeigte sich einmal mehr, wie groß der Kreis seiner Schüler, Verehrer und wissenschaftlichen Weggefährten in Europa, Nord- und Südamerika und Asien geworden ist. Stellvertretend seien hier nur einige genannt: Veronica Kinsler (London), Pierre Vabres (Dijon), María del Carmen Boente (Tucuman, Argentinien), Sigrid Tinschert (Dresden/Innsbruck), Retno Danarti (Yogyakarta, Indonesien), Mario Bittar (Mendoza, Argentinien), Peter Steijlen (Maastricht), Hae Woong Lee (Seoul, Korea), Jean-Baptiste Rivière (Dijon/Seattle), Heiko Traupe (Münster), Jan Izakovic (Basel), Regina Fölster-Holst (Kiel), Arti Nanda (Kuwait City), Gianluca Tadini (Mailand), Jorge Frank (Göttingen) und Antonio Torrelo (Madrid). Letzterer war es, der dann die spontane Idee entwickelte, die „Happle Mosaic Society“ zu gründen, um Mosaikforschern aus aller Welt eine Plattform und die Möglichkeit zur Vernetzung zu bieten.

Im Jahr 2017 erhielt Happle eine Ehrung, die ihn besonders erfreute, nämlich die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universita Buenos Aires, Argentinien. Im selben Jahr hielt Veronica Kinsler, die Entdeckerin der molekularen Ursache kongenitaler melanozytärer Riesennävi, auf dem Kongress der European Society of Pediatric Dermatology in Palma de Mallorca die „Rudolf Happle Lecture“ mit dem Titel „Fixing the pieces in the skin mosaic“.

Persönliches

Die feste Säule in Rudi Happles Leben ist ohne Zweifel Ehefrau Dr. Karin Echternacht-Happle. Ihr gelingt es seit Jahrzehnten, mit Weisheit und bodenständigem Organisationstalent für die notwendige Harmonie zwischen Freizeit, Familie und der Arbeit ihres Mannes zu sorgen, sie plant seine Reisen, begleitet ihn (selbst Dermatologin) auf Kongresse und behält auch dann den Überblick, wenn Rudi mit seinen intuitiven Gedankengängen manchmal den Sinn für die konkret-realen Alltagsanforderungen zu verlieren droht. Beide können stolz auf 2 erfolgreiche Töchter sein: Susanne, Designerin bei der Firma Adidas, und Christine, Pädiaterin an der Medizinischen Hochschule Hannover, haben – endlich und lang ersehnt – jeweils ein Enkelkind zur Welt gebracht, Clara (zurzeit 2 1/2 Jahre) und Ferdinand (aktuell 15 Wochen alt). Der glückliche Blick des Großvaters sagt mehr als tausend Worte (Abb. 1).

Im Namen der deutschen und internationalen Ärzteschaft, seiner Freunde und Weggefährten, gratulieren wir Prof. Dr. med. Dr. h.c. Rudolf Happle, der am 18. Mai seinen 80. Geburtstag begeht. Wir wünschen ihm weiterhin Lebensfreude, Gesundheit und noch viele Ideen und Entdeckungen, von denen wir alle profitieren werden.