Einleitung

In Deutschland findet an 37 Medizinischen Fakultäten staatlicher Universitäten (inkl. Augsburg) eine staatlich finanzierte Medizinerausbildung statt, die ins Staatsexamen mündet. Daneben haben sich verschiedene Angebote einer nichtstaatlichen Medizinerausbildung etabliert, die in vielerlei Hinsicht unter anderen strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen stehen. Die wichtigsten Unterschiede zwischen staatlichem und nichtstaatlichem Ausbildungsangebot bestehen in der Art der Verbindung von Hochschule bzw. Fakultät und Klinik, somit von Lehre, Forschung und Krankenversorgung in der Ausbildung, in der Finanzierung, in der Zulassung zum Studium bzw. Auswahl der Studierenden sowie in den Betreuungsrelationen.

Hintergrund

Rechtliche Aspekte des Medizinstudiums

Der Wissenschaftsrat hat sich in seinem Positionspapier Eckpunkte zur Nichtstaatlichen Medizinerausbildung [1] umfangreich mit der nichtstaatlichen Medizinerausbildung auseinandergesetzt, auch mit deren rechtlicher Situation. Außerdem liegt ein umfassendes Rechtsgutachten von Geis und Hailbronner zur Gründung ärztlicher Ausbildungs- und Forschungsstätten in Deutschland vor [2], das vom Medizinischen Fakultätentag in Auftrag gegeben wurde.

Grundsätzlich gilt für die Medizinerausbildung in Deutschland, unabhängig von der Trägerschaft, gemäß § 3 der Bundesärzteordnung [3], dass für die Approbation ein Medizinstudium „an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen“, erforderlich ist. So heißt es in dem Gutachten von Geis und Hailbronner: „§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO setzt ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule voraus. Die praktische Ärzteausbildung muss ‚unter Aufsicht einer Universität‘ erfolgen (Art. 24 der RL 2005/36/EG).“ Weiter heißt es: „Bei Franchising-Konstruktionen zwischen ausländischen Universitäten und inländischen Krankenhäusern kann ein Aufsichts-Verhältnis nur durch vertragliche Vereinbarungen begründet werden, die den Universitäten ausdrücklich Informations- und Kontrollrechte sowie gegebenenfalls Interventionsrechte einräumen muss.“

Für Studiengänge nach deutschem Recht bedeutet dies eine Qualitätssicherung durch das Bundesland, in dem die jeweilige Einrichtung ihren Sitz hat. In der Regel besteht diese zunächst in einer Konzeptprüfung und einer späteren institutionellen Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat.

Bei grenzüberschreitenden Angeboten im Rahmen eines sog. Franchisemodells gilt zunächst die Studienordnung der jeweiligen EU-ausländischen Einrichtung. Die Qualitätssicherung obliegt dem jeweiligen Sitzland. Dabei müssen die Bedingungen der Universität im Rahmen des oben aufgeführten Aufsichtsverhältnisses umfassend erfüllt sein. Ist dies gewährleistet, bestehen nur begrenzte Möglichkeiten einer Qualitätssicherung durch inländische Einrichtungen, da grundsätzlich die europäischen Regelungen zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit gelten.

Für beide Ausbildungsangebote gilt, dass die wissenschaftliche Lehre forschungsbasiert sein muss [4]. Neben einer adäquaten Forschungsausstattung ist eine angemessene Anzahl an hauptamtlichen, in wissenschaftsgeleiteten Berufungsverfahren berufenen Professoren erforderlich, die über vertraglich festgelegte Zeiten für Forschung und Lehre verfügen.

Unterschiede zwischen privater und staatlicher Ausbildung

Zulassung

Die Zulassung zu einem staatlich finanzierten Studienplatz wird deutschlandweit über ein zentrales Verfahren durch die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) gesteuert. Neben definierten Vorabquoten und Quoten für Abiturbeste sowie für die Wartezeit wird etwas mehr als die Hälfte aller staatlichen Studienplätze über das sog. Auswahlverfahren der Hochschule vergeben. Neben der Abiturnote, die verfassungsgemäß eine maßgebliche Rolle zu spielen hat [5], werden je nach Standort weitere Auswahlkriterien wie schriftliche Testverfahren (z. B. Test für Medizinische Studiengänge [TMS], Hamburger Auswahlverfahren für Medizinische Studiengänge – Naturwissenschaftsteil [HAM-Nat]), situative Assessments oder Auswahlgespräche genutzt. Da die Bewerberzahlen die Zahl der staatlich finanzierten Medizinstudienplätze deutlich übersteigen, ist zurzeit nur etwa jeder vierte Bewerber erfolgreich. Nichtstaatliche Anbieter sind deutlich freier, standortindividuelle Auswahlverfahren durchzuführen, weil sie nicht an das zentrale Auswahlverfahren gebunden sind. Bei grenzüberschreitenden Medizinstudienangeboten gelten in der Regel die Auswahlverfahren der jeweiligen Hochschule.

Inhalte und Struktur

Die privaten Studienangebote nach inländischem Recht sind durch die ärztliche Approbationsordnung an die gleichen curricularen Inhalte und Staatsexamensprüfungen gebunden wie die staatlichen Angebote. Sie nutzen – wie viele staatlich finanzierte Medizinische Fakultäten auch – die Möglichkeit, als sog. Modellstudiengang ihre Lehrpläne freier auszugestalten als Regelstudiengänge.

Studiengänge nach ausländischem Recht sind inhaltlich und strukturell je nach den örtlich geltenden Vorgaben heterogen ausgestaltet. Einige folgen einem klassischen Medizinstudium, andere folgen stärker outcomebasierten Formaten und Inhalten. Zudem variiert sowohl die Länge der gesamten Studiendauer, der jeweiligen Studienabschnitte als auch der Semester bzw. Trimester. Während des Studiums den Studienort zu wechseln, z. B. von einem privaten in einen staatlichen Studiengang, ist daher nicht immer ohne weiteres möglich.

Kosten

Ein wesentlicher Unterschied liegt in den Kosten für ein Studium. Während für ein staatliches Studium in Deutschland keine Studiengebühren anfallen, kostet ein Studium in privater Trägerschaft etwa zwischen etwa 50.000 und 115.000 €. Neben den allgemeinen Lebenshaltungskosten können ggf. erhöhte Reisekosten hinzukommen, wenn die Lehrveranstaltungen an weit auseinanderliegenden Orten bzw. in verschiedenen Ländern durchgeführt werden. Um die Studiengebühren sozial verträglich auszugestalten und/oder eine regionale bzw. institutionelle Bindung zu erzielen, gewähren viele nichtstaatliche Studienangebote Stipendien und günstige Darlehen. Diese sind oft an bestimmte zukünftige Arbeitgeber, Regionen oder die Niederlassung gebunden. Ein weiteres Modell sind nachgelagerte Studiengebühren nach dem sog. Umgekehrten Generationenvertrag (s. Tab. 1).

Tab. 1 Nichtstaatliche Studienangebote nach deutschem Recht

Betreuungsverhältnis

Andererseits können viele nichtstaatliche Angebote aufgrund kleiner Studienjahrgänge mit intimeren Studienbedingungen und besseren Betreuungsverhältnissen in Vorlesungen und Seminaren werben. Unter den deutschen Angeboten dürften sich die Betreuungsverhältnisse insbesondere bei den patientennahen Lehrformaten jedoch kaum unterscheiden, denn diese sind unabhängig von der Trägerschaft von der ärztlichen Approbationsordnung vorgegeben. Unklar ist, ob bei den deutlich geringeren Studierendenzahlen privater Angebote in ausreichendem Maße in ein breites und tiefes fachliches Betreuungsangebot sowie ein umfassendes Angebot an nah zugänglichen Lehrmodellen, Skills Labs, modern ausgestatteten Lehrgebäuden, Praktikumsplätzen und Forschungslaborausstattungen investiert wird.

Sprache

Bei einigen grenzüberschreitenden Angeboten kommen zusätzliche sprachliche Herausforderungen hinzu. Während die theoretischen Inhalte in der Regel in Englisch oder Deutsch gelehrt werden, ist für einen frühen Patientenkontakt, sofern dies im ersten Studienabschnitt vorgesehen ist, meist eine Kenntnis der jeweiligen Landessprache erforderlich. Manche Studienordnungen ausländischer Universitäten sehen daher auch entsprechende Sprachkurse und Sprachprüfungen vor.

Beispiele für nichtstaatliche Studiengänge

Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Formen der Medizinerausbildung in privater Trägerschaft in Deutschland unterscheiden. So gibt es Studienangebote nach deutschem Recht, die gemäß der geltenden Approbationsordnung ausbilden und mit dem deutschen Staatsexamen abschließen. Andere Studiengänge werden von EU-ausländischen Hochschulen angeboten, finden aber teilweise bis überwiegend an Einrichtungen in Deutschland in einem sog. Franchisemodell statt. Sie unterliegen somit nicht deutschem Recht. Im jeweiligen EU-Ausland erworbene Abschlüsse werden in der Regel gemäß der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (RL 2005/36/EG) in Deutschland anerkannt.

Studienangebote nach deutschem Recht

Aktuell gibt es zwei nichtstaatliche Medizinstudienangebote, die allein nach deutschem Recht ausbilden (Tab. 1).

Die 1983 gegründete Privatuniversität Witten/Herdecke (UW/H) hat als erste deutsche Hochschule ein nichtstaatliches Studienangebot geschaffen. Im Modellstudiengang Humanmedizin wurden dort im Jahr 2017 84 Studienplätze angeboten. Als einzige private Universität bietet die UW/H auch das Studium der Zahn‑, Mund- und Kieferheilkunde an. Im Studiengang Zahnmedizin wurden im Jahr 2017 43 Studienplätze angeboten. Trägerin der UW/H ist die Private Universität Witten/Herdecke gGmbH. Neben der privaten Trägerschaft erhält die Universität zusätzlich eine Förderung durch das Land NRW von derzeit jährlich 4,5 Mio. €. Die sog. Studienbeiträge liegen für das Humanmedizinstudium bei rund 52.000 €. Dieser Beitrag kann alternativ über den Umgekehrten Generationenvertrag abgeleistet werden. Demzufolge sind die Studienbeiträge erst nach dem Studium über 10 Jahre hinweg in Höhe von 14 % des Einkommens zu entrichten, wobei hierfür Unter- und Obergrenzen gelten.

Im Jahr 2015 nahm die private Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) den Lehrbetrieb im Studiengang Humanmedizin auf, insbesondere um einem drohenden Mangel an Landärzten entgegenzuwirken. Die klinische Ausbildung findet an verschiedenen Kliniken in der Region um Neuruppin und Brandenburg an der Havel statt. Sowohl in Neuruppin als auch in Brandenburg an der Havel wurde ein Campus gegründet, weitere Standorte sind in Bernau und Senftenberg angesiedelt. Im Jahr 2017 wurden an der MHB 96 Studienplätze für das Fach Humanmedizin angeboten. Die Studiengebühren liegen bei insgesamt 115.000 €. Studierenden kann ein Darlehen von 80.000 € gewährt werden, das nicht zurückgezahlt werden muss, wenn die Facharztausbildung nach dem Studium in einem der an dem Darlehensprogramm beteiligten Krankenhäuser in der Region absolviert wird.

Studienangebote nach EU-Recht

In den letzten Jahren wurde eine Reihe von grenzüberschreitenden Studienangeboten ausländischer Hochschulen mit deutschen Partnereinrichtungen nach EU-Recht etabliert (Tab. 2). Allen gemeinsam ist, dass Studienstruktur und Abschluss den Vorgaben der jeweiligen ausländischen Hochschule folgen. Der Anteil der Studienzeit in Deutschland variiert von Angebot zu Angebot erheblich.

Tab. 2 Studienangebote in Deutschland nach EU-Recht

Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität betreibt zwei Standorte, einen in Salzburg (Österreich) und eine Niederlassung am städtischen Klinikum in Nürnberg. An beiden Standorten sind die vorklinischen Institute mit ihrem Personal gleichermaßen mit der Lehre betraut. Das Diplomstudium der Humanmedizin kann daher in seiner gesamten Dauer am Standort Nürnberg deutschsprachig durchgeführt werden. Es folgt aber dem österreichischen Recht und kann somit bereits nach 5 Jahren mit einem Berufsdoktorat abgeschlossen werden. Lehrpersonal scheint jeweils an beiden Standorten tätig und intensiv in die Lehre eingebunden zu sein. Umfangreichere Forschungsaktivitäten befinden sich noch im Aufbau.

Der Aufbau und Betrieb eines universitär geprägten vorklinischen Ausbildungsabschnitts bedarf erheblicher zusätzlicher Investitionen und der umfangreichen Anstellung von Personal in Forschung und Lehre. Die weiteren Franchisemodelle bilden diesen Studienabschnitt daher an den Vorkliniken der jeweiligen Hochschule im Ausland ab und die Studierenden kommen erst in einer späteren, klinisch geprägten Studienphase an eine deutsche klinische Einrichtung.

So bietet die Semmelweis Universität in Budapest (Ungarn) bereits seit vielen Jahrzehnten ein internationales Medizinstudium auch in deutscher bzw. englischer Sprache an. Seit 2008 besteht im Rahmen eines Franchisemodells mit den Asklepios-Kliniken in Hamburg die Möglichkeit, nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Studienabschnitts von Budapest nach Hamburg zu wechseln. Dort kann dann der zweite Studienabschnitt einschließlich des praktischen Jahres (11. und 12. Semester) an den Hamburger Häusern der Klinikkette in deutscher Sprache durchgeführt werden. In der Lehre wird der Hamburger Standort für einzelne Veranstaltungen unterstützt durch akademisches Lehrpersonal aus Ungarn. Die Prüfungen erfolgen nach ungarischem Recht und der Abschluss wird von der Semmelweis Universität vergeben.

Ein ähnliches Modell praktiziert die Universität Southampton (Großbritannien) in Zusammenarbeit mit kommunalen Kliniken in Kassel. Die ersten 4 Semester werden in Southampton in englischer Sprache gelehrt. Danach besteht die Möglichkeit, die verbleibenden 3 Jahre in den Kasseler Kliniken zu absolvieren. Nur einzelne weitere Module sowie die Prüfungen sind an der Universität Southampton abzulegen. Nach britischen Vorgaben dauert das Humanmedizinstudium in der Regel 5 Jahre. Mit dem erfolgreichen britischen Studienabschluss liegt allerdings nur eine Teilapprobation nach deutschem Recht vor. Eine Vollapprobation kann erst nach mindestens einem weiteren Jahr im Rahmen eines britischen Foundation Programme erlangt werden. Der bevorstehende Ausstieg Großbritanniens aus der EU wird voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf dieses Kooperationsmodell haben, die sich derzeit noch nicht abschätzen lassen.

Ähnliche Kooperationsmodelle bieten auch die Pommersche Medizinische Universität in Stettin (Polen) zusammen mit den Asklepios-Kliniken in Schwedt und Pasewalk (Asklepios-Programm) sowie die Universität Split (Kroatien) zusammen mit Kliniken im Raum Coburg (Medical School Regiomed) an. Die ersten 3 Jahre werden jeweils an den Hochschulen in Stettin bzw. Split unterrichtet. Anschließend wechseln die Studierenden nach Deutschland, um dort den 3‑jährigen klinischen Studienabschnitt zu absolvieren. Die Prüfungen und Abschlüsse erfolgen jeweils nach polnischem bzw. kroatischem Recht. Über eine akademische Profilierung der beteiligten deutschen Einrichtungen, die über die Basisqualifikation von Lehrkrankenhäusern hinausgeht, lassen sich nur wenige Informationen finden.

Weitere Kooperationen von deutschen Krankenhäusern und Kliniken zusammen mit ausländischen Humanmedizinstudiengängen erfolgen in ähnlicher Weise wie im Rahmen des Praktischen Jahres gemäß der deutschen Approbationsordnung. So bezeichnet sich bspw. das Evangelische Krankenhaus in Bielefeld als Universitätslehrkrankenhaus der Universität Pécs (Ungarn). Agenturen, die deutschen Bewerbern gegen Gebühr Studienplätze an ausländischen Universitäten vermitteln, versuchen darüber hinaus deutsche Kliniken für einen eigenen Pool von Lehrkrankenhäusern anzuwerben. Diese sollen Medizinstudierenden, die im Ausland studieren, Famulaturen und praktische Ausbildungsanteile in Deutschland ermöglichen, je nach Studienordnung des Studienorts. Versuche einzelner Agenturen, eine Niederlassung einer europäischen Universität für einen deutschen, allein vorklinischen Studienabschnitt anzubieten, sind bislang aus rechtlichen und organisatorischen Gründen gescheitert.

Ansprüche an die Qualitätssicherung

In seinem Positionspapier hat der Wissenschaftsrat in 2016 Eckpunkte für die Qualität und Qualitätssicherung der nichtstaatlichen Medizinerausbildung definiert [1] (s. Infobox 1). Seinen Empfehlungen lag die Prämisse zugrunde, dass sich die Ausbildung zum Arzt an einem universitären Qualitätsmaßstab orientieren muss, um ein hohes Niveau in der Gesundheitsversorgung unabhängig von den strukturellen, institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausbildung zu garantieren. Nur auf einer solchen Grundlage – so der Wissenschaftsrat – können Ärzte die Herausforderungen ihres zunehmend komplexen beruflichen Umfeldes bewältigen, evidenzbasierte diagnostische und therapeutische Entscheidungen treffen und auf dieser Grundlage ein Arbeitsleben lang die notwendigen Lernfortschritte erzielen. Diese Ansprüche an ein akademisches Universitätsstudium müssen auch die Angebote privater Trägerschaft erfüllen.

Wie die bisherigen Erfahrungen des Wissenschaftsrates in der institutionellen Akkreditierung zeigen, ist es für private Initiativen insbesondere schwierig, eine hinreichend enge Verbindung – die Gesamtheit von Lehre, Forschung und Krankenversorgung – umzusetzen. Ausdrücklich kommt es dabei auf die Kooperation der Hochschule mit geeigneten Klinikpartnern an, mit denen sie sich auf gemeinsame Ziele und die herausgehobene Bedeutung von Lehre und Forschung verständigen muss. Dies muss in entsprechenden Verträgen festgehalten und in Governancestrukturen umgesetzt werden, auch mit Blick auf die notwendigen räumlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen.

Dabei ist vor allem sicherzustellen, dass die Forschungs- und Lehraktivitäten des wissenschaftlichen Personals nicht nur in den Grundlagenfächern, sondern auch in den klinischen Fächern an den kooperierenden Kliniken gesichert werden, etwa durch Freiräume für akademische Aufgaben, eine angemessene finanzielle und personelle Ausstattung der Professuren sowie geeignete dienstrechtliche Regelungen und Verträge. Zusätzlich muss die Fakultät oder Hochschule die notwendige Verfügungsbefugnis über die im Kooperationsvertrag definierten Forschungs- und Lehrleistungen im klinischen Ausbildungsteil haben. Denn die herausgehobene Bedeutung von Lehre und Forschung in der Medizinerausbildung ist nicht nur eine Verpflichtung für die Hochschule, sondern auch für die kooperierende Klinik. Der entsprechende Ressourceneinsatz muss in einer auskömmlichen und realistischen Kostenkalkulation berücksichtigt sein. Wenn mit Blick auf die besonderen Belange von Forschung und Lehre die oben genannten Aufgaben allein über Studiengebühren nicht kostendeckend kalkuliert werden können, müssen weitere Finanzierungsquellen nachhaltig sichergestellt sein.

Professoren müssen in wissenschaftsadäquaten, transparenten Verfahren berufen werden. Sie müssen die üblicherweise an universitäre Professoren im Fach Medizin anzulegenden qualitativen Anforderungen in Lehre, Forschung und Krankenversorgung erfüllen. Eine automatisierte Berufung von Chefärzten der kooperierenden Kliniken ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Im Rahmen der Verfahren der Institutionellen Akkreditierung hat der Wissenschaftsrat hierfür entsprechende Kriterien entwickelt [6].

Grundsätzlich stehen die jeweiligen deutschen Sitzländer der Einrichtungen in der Verantwortung, die Gewährleistung dieser Kriterien sicherzustellen. Insofern sollten Angebote nach deutschem Recht verpflichtend eine Konzeptprüfung und Institutionelle Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat durchlaufen [1, 6]. Die Länder sind aufgefordert, die Ergebnisse dieser Prüfungen konsequent umzusetzen. Bei in Deutschland angebotenen Studienangeboten nach EU-Recht gibt es weniger Spielräume für die Bundesländer, die es dennoch zu nutzen gilt. Der Wissenschaftsrat hat angeboten, dass sich auch die in Deutschland nach EU-Recht angebotenen Studiengänge freiwillig einer Institutionellen Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat unterziehen. Darüber hinaus sollte sich der Bund auf EU-Ebene für europaweit einheitliche Kriterien und Verfahren zur Qualitätssicherung der Medizinerausbildung einsetzen. Da einer dafür erforderlichen EU-weiten Gesetzgebung langwierige Verfahren vorausgehen, sollten für die in den verschiedenen EU-Ländern bereits etablierten, unterschiedlichen Akkreditierungsverfahren einheitliche Qualitätsstandards gemäß genannter Grundsätze (Infobox 1) harmonisiert werden. Die Association of Medical Schools in Europe (AMSE) ist bestrebt, eine solche Harmonisierung herbeizuführen (siehe z. B. die Prager Deklaration 2016 [7]). Bislang ist allerdings nur ein kleiner Teil der europäischen medizinischen Fakultäten bzw. Hochschulen dort vertreten. Um an Schlagkraft zu gewinnen, müssen daher noch deutlich mehr Mitglieder aus allen EU-Staaten, einschließlich Deutschland, für eine aktive Mitarbeit auf EU-Ebene im Rahmen von AMSE gewonnen werden.

Perspektiven und Fazit

In seinem Positionspapier beschreibt der Wissenschaftsrat auch die Chancen, die der nichtstaatliche Sektor gerade aufgrund seiner größeren Flexibilität hat, diesen Bereich auszugestalten. Diese Angebote haben insbesondere deutlich größere Freiheiten, Auswahlverfahren zu etablieren, die weniger stark von der Abiturnote geprägt die Eignung für das Studium prüfen. Auch können sie flexibel und relativ kurzfristig auf steigende und auch absehbar wieder sinkende Bedarfe an Studienplatzangeboten reagieren. Unterliegen die Angebote der deutschen Approbationsordnung, ähneln ihre Spielräume, Reformbedarfe des Medizinstudiums aufzugreifen und neuartige Studienkonzepte zu entwickeln, denen der staatlichen Studiengänge und diese werden umfangreich im Rahmen der verfügbaren Modellklausel (§ 41 ÄApprO, [8]) genutzt.

Weitere Chancen sieht der Wissenschaftsrat darin, spezifische Anreizsysteme für die Lehre, konkrete didaktische Schulungen sowie Evaluationssysteme weiterzuentwickeln; ferner in einer international ausgerichteten Ausbildung, die sich etwa durch eine Integration internationaler Examina, durch Austauschprogramme sowie durch eine internationale Perspektive auf unterschiedliche Ausbildungs- und Gesundheitssysteme auszeichnet. Die häufig kleineren Studierendenkohorten des nichtstaatlichen Bereichs bieten wichtige Chancen für ein hohes Maß an Identifikation der Studierenden mit der ausbildenden Einrichtung und eine Alumnistruktur, die auch für eine langfristige Evaluation des Ausbildungserfolgs im Sinne einer Absolventenverbleibsstudie genutzt werden könnte.

Solche positiven Effekte sowohl für die Studierenden als auch für die Gesellschaft, können sich allerdings nur entfalten, wenn die hohen Qualitätsstandards, die für ein Medizinstudium an staatlichen Universitäten zu gelten haben, auch von privaten Angeboten umgesetzt werden können. Neben einer adäquaten Forschungsausstattung ist eine angemessene Anzahl an hauptamtlichen, in wissenschaftsgeleiteten Berufungsverfahren berufenen Professoren erforderlich, die über vertraglich festgelegte Zeiten für Forschung und Lehre verfügen. Dafür muss eine nachhaltige und transparente Finanzierung solcher Angebote ebenso sichergestellt sein wie eine nationale und internationale Qualitätssicherung gemäß harmonisierter Standards.

Infobox 1 Eckpunkte für die Qualität und Qualitätssicherung der Nichtstaatlichen Medizinerausbildung (Wissenschaftsrat, 2016; [1])

  • An die Medizinerausbildung und die sie tragenden und durchführenden Institutionen richtet sich ein einheitlicher universitärer Anspruch.

  • Die Medizinerausbildung findet in einer Gesamtheit von Lehre, Forschung und Krankenversorgung statt. Dabei kommt Lehre und Forschung ein herausgehobener Stellenwert zu.

  • Die Medizinerausbildung vermittelt auf der Basis des aktuellen Forschungsstands die für die ärztliche Berufsausübung zwingend erforderlichen Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten und Haltungen).

  • Die Medizinerausbildung findet an einer Einrichtung statt, an der Forschung strukturell breit und nachhaltig verankert ist.

  • Konstitutiv für die Medizinerausbildung ist eine Krankenversorgung auf hohem Niveau, die den Belangen von Lehre und Forschung ambulant wie stationär Rechnung trägt.