Das neue Patientenrechtegesetz, dass unter dem Titular „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (BGBl. I, S. 277) am 20.02.2013 in Kraft getreten ist, beendet nach Ansicht der zuständigen Bundesministerien für Gesundheit oder Justiz und Verbraucherschutz eine lang anhaltende Rechtsunsicherheit von Patienten, die sich bis dahin sehr häufig allein über ein „Richterrecht“ in ihren Interessen gegen Ärzte oder Kliniken vertreten sahen (Quelle: Referat zur Rechtsberatertagung bei der Bundesärztekammer 03/2013, B. Nellen, Bundesministerium für Gesundheit).

Über die Kodifizierung des Behandlungs- und Arzthaftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sollte nach dem politischen Willen der Bundesregierung eine Stärkung der Rechte gegenüber Leistungsträgern und der Versichertenrechte bei Behandlungsfehlern sowie zeitgleich eine Förderung der Fehlervermeidungskultur und des Patientenschutzes erreicht werden.

Deutschland verfügt über ein sehr leistungsfähiges Gesundheitssystem mit mehr als 348.000 berufstätigen Ärzten. Trotz der dokumentierten Leistungsfähigkeit und einer hohen Behandlungsqualität werden zunehmend Kritiken an Ärzten formuliert, die in der Folge auch zu vermehrten gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Die Anästhesiologie und die operative Medizin werden ihre herausgehobene Stellung zur Sicherung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient zukünftig nur weiter aufrechterhalten können, wenn sie ebenfalls über Defizite im Behandlungsalltag, die von der Nichtbeachtung von Behandlungswünschen über Versagung der Einsicht in die Behandlungsdokumentation bis hin zu Fehlern bei der Behandlung reichen, transparent und eindeutig kommunizieren.

Herr Professor Ulsenheimer weist in seiner hervorragenden Abhandlung zum „Patientenrechtegesetz – Konsequenzen für die ärztliche Heilbehandlung“ in der vorliegenden Ausgabe von Der Anaesthesist schon am Anfang auf die Bedeutung des Facharztstandards hin. Genau dieser wird jedoch – wie viele andere Aspekte des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Patient – weiterhin im neuen Gesetz nicht spezifiziert oder genügend klar ausgeführt, um zukünftigen Konflikten eine eindeutige Argumentationsrichtung zu geben. Der Gesetzgeber ist mit der vorgelegten Neuregelung und den beigefügten Auslegungserläuterungen seinen eigenen Ansprüchen nach mehr Transparenz und Übersichtlichkeit nicht gerecht geworden. Dies ist umso bedauerlicher, da das Gesetz dennoch neue Regelungen enthält, die Konkretisierungen beinhalten und auch Hilfestellungen geben, wie z. B. in der Frage der Aufklärung über Behandlungsalternativen oder der Dokumentationspflicht und der Beweislastumkehr. Der Beitrag von Herrn Professor Ulsenheimer klärt hierzu eindrücklich auf und verweist darauf, dass die Rechtsprechung wohl auch zukünftig ein „Dreh- und Angelpunkt“ des ärztlichen Haftungsrechts sein wird. Gerade deshalb muss es uns Ärzten ein zentrales Anliegen sein, über die eigenverantwortliche Bestimmung und Umsetzung von Behandlungsqualität, die Implementierung einer Kultur zur Fehlermeldung und -vermeidung sowie über eine offene Kommunikation dafür zu sorgen, die Gerichte so wenig wie möglich über unser Tun bzw. Unterlassen mitentscheiden zu lassen.