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„Die Möglichkeit zur ganzheitlichen uroonkologischen Therapie verpflichtet zur ständigen Fortbildung in der medikamentösen Tumortherapie.“

Prof. Dr. med Christian Hampel Chefarzt Urologie, Marien-Hospital Erwitte

Die international einmalige Sonderstellung der deutschen Urologie mit der Möglichkeit der ganzheitlichen uroonkologischen Therapie „vom ersten bis zum letzten Tag“ eröffnet uns Urologen viele berufliche Chancen und vermittelt dem Patienten das beruhigende Gefühl einer konstanten Ansprechstation, bürdet uns aber unter den argwöhnischen Blicken der internistischen Hämato-Onkologen die Verpflichtung zur ständigen Fortbildung in der medikamentösen Tumortherapie auf. Diese soll in dieser Ausgabe von URO-NEWS nicht nur das Urothelkarzinom, sondern auch dessen Differenzialdiagnosen bei Patienten mit Drangbeschwerden und/oder Mikrohämaturie umfassen.

Da freut es mich besonders, dass wir Prof. Thomas Bschleipfer gewinnen konnten, die S2k-Leitlinie zur interstitiellen Zystitis vorzustellen und so Klarheit in die verwirrende Terminologie und schwierige Differenzialdiagnostik dieser auch heute noch in vielen Bereichen undurchsichtigen, vor allem aber unheilbaren Erkrankung zu bringen.

Das Urothelkarzinom und die interstitielle Zystitis sind zwei wichtige, aber nicht die einzigen Differenzialindikationen des imperativen Harndranges. Über die potenzielle Bedeutung des physiologischen Blasenmikrobioms für die Entstehung der überaktiven Blase referiert Dr. Elke Heßdörfer, die bei dieser Ausgabe von URO-NEWS nicht nur als Autorin, sondern auch als Mitkoordinatorin fungiert. Mit besonderem Vergnügen werden Sie auch ihren zweiten, nicht minder wertvollen Beitrag in der Rubrik „Der wunde Punkt“ lesen, in dem sie uns mit dankenswerter Klarheit stereotype Versuche der Pharmaindustrie vor Augen führt, für ihre Neuentwicklungen einen Markt ex nihilo zu generieren.

Ernüchternd ist auch die Bilanz der POUT-Studie zum fortgeschrittenen Urothelkarzinom des oberen Harntraktes. Über Neuentwicklungen bei der medikamentösen Tumortherapie des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms werden wir in dem exzellenten Artikel aus der Feder der von Prof. Shahrokh F. Shariat geleiteten Universitätsklinik für Urologie der MedUni Wien in Kooperation mit der Urologischen Uniklinik Lübeck um den ausgewiesenen Uroonkologieexperten Prof. Axel Merseburger umfänglich unterrichtet, wobei allerdings aufgrund der Seltenheit der Erkrankung oft Analogieschlüsse aus der Behandlung des Blasenkrebses gezogen werden müssen.

In der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms erfordert der Einsatz der Checkpoint-Inhibitoren neuerdings — bezeichnenderweise nicht bei der primären Zulassung! — eine mehr oder minder stark ausgeprägte Expression des Antikörper-Targets, was tumorbiologisch plausibel ist, wie unser Artikel aus der Jenaer Universitätsklinik unter der Leitung von Prof. Marc-Oliver Grimm aufzeigt. Die niedrigen Expressionsschwellenwerte erscheinen allerdings arbiträr und dienen offensichtlich der Begrenzung des industrieseitig befürchteten Umsatzeinbruches.

Ich hasse die von Privatpatienten und Verwaltungsdirektoren oft und gern benutzten Termini „Dienstleister“ und „Kunde“ für die Umschreibung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und präferiere die Ausdrücke „Nothelfer“ und „Schutzbefohlener“. Was diese Betrachtungsunterschiede mit der kosmetischen Intimchirurgie bei Frauen zu tun haben, erfahren Sie im Artikel von Dr. Eva-Maria Hußlein.

Und auch der Blick auf die letzte Seite ist wie immer lohnenswert: Im Uro-Kult „Genus und Sexus“ diskutiert Sprachbeobachter Prof. Roland Kaehlbrandt die Maximen des Gender-Deutsch.

Beste Grüße, Ihr

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