FormalPara Hintergrund

Die Therapie von Kopf-Hals-Karzinomen ist v. a. lokoregional morbiditätsträchtig. Das Nebenwirkungspotenzial insbesondere einer Strahlentherapie steigt mit der Ausdehnung der Erkrankung, so dass ein möglichst akkurates Staging, v. a. hinsichtlich der zervikalen Lymphknoten, notwendig ist. Dies gilt umso mehr, als die Patienten nach einer Salvage-Lymphonodektomie im Rezidivfall deutliche Überlebensnachteile im Vergleich zu einer elektiven primären Resektion haben [2]. Auch finden sich nach Resektion in einem N0-Hals bei bis zu 50 % pathologische Lymphknoten in der Kontrastmittel-Computertomographie (CT; [3]). Nachdem auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder Sonographie keine hinreichende diagnostische Sicherheit ergeben, werden additive Methoden wie eine Sentinel-Lymphonodektomie oder das FDG-PET/CT (Fluordeoxyglukose-Positronenemissionstomographie/Computertomographie) benötigt. Die ACRIN-Studie [4] untersuchte nun die Zuverlässigkeit der FDG-PET/CT-Strategie für zervikale Lymphknoten bei Kopf-Hals-Tumoren.

FormalPara Patienten und Methoden

Die Studie untersuchte 287 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen cT2–4 im Kopf-Hals-Bereich, die operiert werden sollten. Hierbei musste mindestens eine Halsseite nach klinischer und bildgebender präoperativer Diagnostik (CT und/oder MRT) N0 sein. Kriterien hierfür waren eine Lymphknotengröße von <1 cm bzw. <1,5 cm für Lymphknoten in den Leveln IA + B sowie IIA + B oder das Fehlen einer zentralen Nekrose. Die Ausdehnung der Lymphknotendissektion wurde zunächst ohne Kenntnis des PET festgelegt. Alle Patienten erhielten eine präoperative FDG-PET/CT, welche dann Grundlage der Behandlung war. Die pathologischen Befunde der (konventionellen) cN0-Halsseite wurden dann mit den FDG-PET/CT-Ergebnissen verglichen und ein negativer Vorhersagewert daraus abgeleitet.

FormalPara Ergebnisse

Der negative Vorhersagewert des FDG-PET/CT betrug 0,87 für die visuelle Auswertung. Die Konkordanz der Ergebnisse verschiedener Untersucher lag bei 77 %, während die quantitative Auswertung nach SUV(„standardized uptake value“)max Konkordanzen von 91–97 % aufwies. Der quantitativ bestimmte negative Vorhersagewert lag bei mindestens 0,94 (je nach Cut-off). Insgesamt lag die Quote falsch-positiver Resultate bei 10 %, wobei die Bewertung des Level IIA mit 26 % am unzuverlässigsten war. Die FDG-PET/CT-Ergebnisse änderten das chirurgische Vorgehen in 21,5 % der Patienten. In 14 % ergaben sich weitere relevante Befunde (v. a. Fernmetastasen und Zweittumoren).

FormalPara Schlussfolgerung der Autoren

Die FDG-PET/CT besitzt einen hohen negativen Vorhersagewert für Lymphknotenmetastasen am Hals in einer klinischen N0-Situation. Hierbei ist eine SUV-basierte Auswertung der visuellen überlegen. Der Verzicht auf eine „Neck Dissection“ in solchen Situationen sollte in Studien prospektiv untersucht werden.

Kommentar

Die ACRIN-Studie belegt mit einer hohen Patientenzahl und einer klinisch-pathologischen Korrelation das diagnostische Potenzial einer FDG-PET/CT zum Ausschluss von Lymphknotenmetastasen an einem konventionell diagnostizierten N0-Hals. Hierbei wird ein negativer Vorhersagewert von 94 % bei der Beurteilung der SUVmax-Werte erreicht. Dies liegt im Bereich der Ergebnisse von Sentinel-Node-Strategien [1] und ist deutlich besser als bei anderen bildgebenden Verfahren. Die Studie von Lowe et al. weist jedoch auch Schwächen und Unsicherheiten auf. Diese betreffen …

  • die Verlässlichkeit der Ergebnisse: Es gab weder eine Referenzbeurteilung der Pathologie noch wurde angegeben, wie viele Lymphknoten operativ entfernt wurden respektive ob eine suffiziente „Neck Dissection“ durchgeführt wurde.

  • die technische Durchführung: Die FDG-PET/CTs wurden zum Teil nur als Ganzkörperspirale und zum Teil als spezifische HNO-Untersuchung durchgeführt. Es fehlen Angaben zum Untersuchungsablauf, welche für die Beurteilung der PETs nach SUVmax-Werten relevant sind, die ohnehin zwischen Zentren differieren.

Weitere Kritikpunkte betreffen:

  • die FDG-PET/CT beeinflusste das chirurgische Vorgehen. Damit sind die „Neck Dissections“ nicht vergleichbar und der berechnete Vorhersagewert nicht zuverlässig.

  • Klinische Endpunkte wurden nicht untersucht. Eine Korrelation mit Gesamtüberleben und lokalen Kontrollraten ist notwendig.

  • Im Lymphknotenlevel IIA, mit den statistisch häufigsten Lymphknotenmetastasen über die untersuchten HNO-Lokalisationen, waren die falsch-positiven Resultate mit 26 % am höchsten.

Dennoch gibt die Studie Aufschluss über das Potenzial der FDG-PET/CT beim prätherapeutischen Staging, nicht zuletzt auch durch die Detektion von 14 % weiteren Befunden; diese Befunde waren allerdings nicht primärer Studieninhalt. Dem Einsatz dieser Methode in der klinischen Routine muss eine randomisierte Phase-III-Studie vorausgehen. Dies ist für die Indikation zur Salvage-Lymphonodektomie nach primärer Radio- bzw. Radiochemotherapie bereits gelungen [5].

Fazit

Die FGD-PET/CT zum Ausschluss von zervikalen Lymphknotenmetastasen bei Kopf-Hals-Tumoren liefert bei einem (konventionell erhobenen) klinischen N0-Status vielversprechende Ergebnisse. Einen routinemäßigen Einsatz in der klinischen Routine lässt die Datenlage derzeit jedoch nicht zu.

Stefan Welz und Daniel Zips, Tübingen