Lindemann [3] untersuchte die Reaktionen von Hinterbliebenen nach dem Brand in einem Bostoner Nachtclub „Coconut Grove“ am 28.11.1942. Bei diesem Feuer in den USA starben 492 Personen und Hunderte wurden verletzt. Lindemann erkannte dabei die Wichtigkeit einer entsprechenden Unterstützung und Betreuung von Angehörigen und vor allem, dass diese damit vor psychischen Folgeschäden bewahrt werden können [3]. Caplan [2] ist der zweite Pionier in Sachen Krisenintervention (KI). Er wies auf die enorme Bedeutung von unmittelbarer „psychischer erster Hilfe“ zur Prävention von psychischen Störungen hin [2]. Sowohl Lindemann als auch Caplan legten den Grundstein für die heute gängigen Konzepte der KI, die es ermöglichen, Angehörigen sofortige psychologische Hilfe angedeihen zu lassen. Die KI in Österreich entstand vor allem nach den beiden Lawinenunglücken in Galtür und Valzur im Jahr 1999 [4]. Nach diesen schweren Katastrophen wurden an der Universität Innsbruck Belastungsreaktionen und Bewältigungsstrategien nach traumatischen Ereignissen näher untersucht. In Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst des Roten Kreuzes wurden Ausbildungen der KI für multiprofessionelle Teams konzipiert sowie flächendeckend KI-Teams in Tirol ins Leben gerufen [4]. Ein positives Beispiel für gelungene KI ereignete sich im Dezember 2008 an der Traumatologischen Intensivstation der Klinik Innsbruck. Nach einem schweren Autounfall, bei dem der Ehemann und die Tochter verstarben, erlitt Fr. F. eine Leberruptur und der Sohn wurde leicht verletzt. Da der Ehemann in Salzburg verstarb und Fr. F. in Innsbruck intensivmedizinisch betreut wurde, konnte sie sich von ihm nicht verabschieden. Es war aufgrund der Verletzungen auch nicht möglich, Fr. F. im Bett zu ihrer 13-jährigen Tochter zu fahren. Ein hohes Maß an Flexibilität und Teamgeist ermöglichten es, den Leichnam der Tochter auf die Station zu bringen, damit sich Fr. F. und ihr Sohn von dem verunglückten Mädchen verabschieden konnten. Das Berühren des bereits erkalteten Körpers machten den Tod für Fr. F. greifbar, wohingegen das Ableben ihres Mannes bis heute mit Unverständnis verbunden ist [1].

Am Beispiel der Familie F. wird deutlich, wie wichtig Verabschiedungsrituale sind, um den Tod eines nahen Angehörigen verarbeiten zu können. und welches Maß an Schmerz über Jahre bleibt, wenn diese Möglichkeit nicht gegeben war. Ziel dieses Leitthemenbeitrags ist es, das BASIS-Modell der KI vorzustellen, das einen Rahmen vorgibt, wie Angehörige speziell auf Intensivstationen begleitet werden können, wenn eine nahestehende Person verstorben ist.

Grundsätze und Interventionsbereiche

KI basiert im Wesentlichen auf 5 Grundsätzen. Sie ist:

  • evidenzbasiert, das heißt konsistent mit empirischen Forschungsergebnissen über Risiken und Resilienz nach traumatischen Ereignissen;

  • anwendungsorientiert, praktikabel und zeitlich limitiert;

  • angepasst an die unterschiedlichen entwicklungspsychologischen Levels der zu betreuenden Personen;

  • flexibel hinsichtlich der kulturellen Bedürfnisse und

  • zielgerichtet im Hinblick auf eine unmittelbare Stabilisierung der Betroffenen [5].

Notwendig wird KI, wenn sich ein Mensch in einer traumatischen Krise befindet. Als traumatische Krise wird ein durch ein überraschendes Ereignis hervorgerufener schmerzhafter seelischer Zustand verstanden, der entsteht, wenn Alltagsaufgaben bzw. wichtige Lebensziele nicht mehr mit den üblichen Problemlösungsmethoden bewältigt werden können. Diese Krise zeichnet sich vor allem durch ein Gefühl der Bedrohung, eine Zunahme an Unsicherheit bei gleichzeitigem Handlungsdruck und eine Überzeugung, dass das Ereignis die Zukunft deutlich negativ beeinflussen wird, aus. Da KI unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis beginnt, wird diese auch als psychische erste Hilfe verstanden, was jedoch weit über empathisches Händchenhalten hinausgeht. Trotzdem ist KI keine Form der Psychotherapie. Auch geht es nicht um ein „Dabeisein“, eine Diagnose oder eine langfristige Verhaltensänderung. Als professionelle KI wird eine kundige psychologische erste Hilfe vor Ort verstanden. Sie ist multiprofessionell und kann deshalb auch von Personen erlernt werden, die weder eine psychologische, psychiatrische oder psychotherapeutische Ausbildung haben. So finden sich in den KI-Teams Rettungskräfte, Krankenpflegepersonen, Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, Seelsorger, Ärzte u. v. m. Mit der KI sollen grundlegende Bedürfnisse, wie Sicherheit, Kontrolle, Orientierung, Würde und erste Vorstellungen von einer nahen Zukunft, wieder hergestellt werden. KI geht im Allgemeinen davon aus, dass Menschen fähig sind, traumatische Krisen zu bewältigen, wenn kompetente Unterstützung vorhanden ist [5]. Um als Mitarbeiter in einem KI-Team arbeiten zu können, bedarf es jedoch einer fundierten Ausbildung und die Mitarbeit setzt ein hohes Maß an empathischen Fähigkeiten voraus.

Gefühlsansteckung, Empathie und Mitgefühl

Professionelle Angehörigenarbeit ist belastend und erfolgt überwiegend durch 3 Faktoren, nämlich Gefühlsansteckung, Empathie und Mitgefühl [6]:

Bei der Gefühlsansteckung ergreift die Stimmung des Anderen vom Beobachter selbst Besitz und wird dabei zu dessen eigenstem Gefühl. Dies kann nicht willentlich kontrolliert werden, da Gefühlsansteckung ein angeborener Prozess ist, der bereits im Kleinkindalter beobachtet werden kann [7]. Empathie erfolgt entwicklungsmäßig erst später und ist ein erkenntnisvermittelnder Prozess. Empathie beinhaltet die Erfahrung, die Gefühlslage des Anderen nachzuempfinden und sie dadurch zu verstehen. Dabei muss im Gegensatz zur Gefühlsansteckung nicht zwingend eine Identifikation mit der anderen Person erfolgen. Empathie bedeutet somit auch, die belastenden negativen Gefühle der Gefühlsansteckung und des Mitgefühls zu regulieren, damit Intensivpersonal von diesen negativen Gefühlen nicht überschwemmt wird. Mitgefühl wiederum ist ein Phänomen, das von der Empathie insofern abzugrenzen ist, als Mitgefühl zusätzlich die Sorge um die andere Person oder die Anteilnahme an deren Situation miteinschließt. Gefühle sind ansteckend und können auch beim Intensivpersonal als enorm belastend erlebt werden. Die Psychologie spricht in diesem Zusammenhang von Gefühlsansteckung. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei einer Person, die eine andere Person beobachtet, auch jene emotionalen Reaktionen auftreten, die den tatsächlichen oder antizipierten Reaktionen der beobachteten Person entsprechen. Die Übernahme der Gefühle von anderen Personen erfolgt unbemerkt, ist deshalb nicht steuerbar und kann als Basisprozess empathischen Verhaltens betrachtet werden. Von besonderer Bedeutung ist dies für das Intensivpersonal, das sich mit der Angst, dem Entsetzen, der Hilflosigkeit, dem erfahrenen Leid und der Trauer von Patienten, Angehörigen oder Hinterbliebenen auseinandersetzen muss [6]. Gefühlsansteckung, Empathie und Mitgefühl sind damit notwendige und wesentliche Phänomene bei der Betreuung von Angehörigen und Hinterbliebenen. Durch diese 3 Phänomene können Schutz und Sicherheit vermittelt und Angst, Entsetzen und Hilflosigkeit vermindert werden. Zudem kann über das Bemühen, das fremde Erleben nachzuvollziehen, eine adäquate Hilfestellungen erfolgen. Gefühlsansteckung und Mitgefühl sind somit in einer gelingenden Arbeit mit Angehörigen belastende, aber notwendige Phänomene [8]. Das Wissen über das Phänomen von Gefühlsansteckung und dessen Effekte sowie das Wissen über Bewältigungsstrategien kann die emotionale Belastung entscheidend reduzieren. Hier sind Arbeitgeber und Berufsverbände gefordert, durch Ausbildung und Schulung emotionalen Belastungen vorzubeugen [9]. Zusätzlich sollte daran gearbeitet werden, dass professionelle Supervisionen vom Intensivpersonal als Chance wahrgenommen und nicht länger als Stigmatisierung gesehen werden.

Das BASIS-Modell – ein Konzept zur Angehörigenbetreuung

Das BASIS-Modell wurde anhand von vielen Kriseninterventionseinsätzen und Forschung wie folgt definiert und besteht aus 5 Betreuungsschritten [10]:

  • B: Bindung herstellen

  • A: Anerkennung der Tatsachen fördern

  • S: Struktur geben

  • I: Informationen geben

  • S: Sicherstellen von Auffangnetzen

Nachfolgend wird erläutert, wie das BASIS-Modell als Orientierung für das Intensivpersonal dienen kann, wenn Angehörige in einer Krisensituation betreut werden müssen (Infobox 1).

Bindung herstellen

Das Schaffen eines geeigneten Settings sollte oberste Priorität haben. Angehörigengespräche – vor allem jene mit belastendem Inhalt – sollten in einem geeigneten Rahmen und nicht am Flur stattfinden. Ein „sich vorstellen“ mit dem vollen Namen und der ausübenden Funktion sollte selbstverständlich sein, wird aber in der Hektik gerne vergessen. Zur Herstellung einer Bindung sollte sowohl vom belastenden Inhalt des Gesprächs als auch vom Krankenbett weggeführt werden. Durch das Fördern des Erzählens des Vorfalls bzw. der Geschichte gelingt es den Angehörigen, auf die kognitive Beobachtungsebene zu wechseln. Dies wiederum wirkt strukturgebend, denn durch das Erzählen kann das Gefühl der Kontrolle schrittweise wiedererlangt werden [10]. Ebenso können durch das Erzählen-Lassen Bedürfnisse erfragt werden. Meist schwanken betroffene Angehörige zwischen Abwehr und Überwältigung. Dies ist jedoch kein pathologisches Zustandsbild, ein Eingreifen daher nicht notwendig. Wenn jedoch eine Person an der Abwehr oder dem Leugnen der Tatsachen festhält, sollten die Betroffenen vorsichtig an die Realität herangeführt werden. Ein Aufdrängen seitens des Personals muss ebenso wie ein frühzeitiger Rückzug vermieden werden. Dies führt nämlich dazu, dass Angehörige das Gefühl haben, dass die Betreuungsperson woanders dringender gebraucht wird. Dabei ist es wichtig zu vermitteln, dass die gegenwärtige Zeit voll und ganz für die Betroffenen zur Verfügung steht. Geht aus der Situation hervor, dass die Angehörigen Zeit für sich benötigen, sollte sich die Bezugsperson zurückziehen mit dem Hinweis, wo sie sich befindet und dass sie jederzeit zur Verfügung steht.

Anerkennung der Tatsachen fördern

Eine der ersten Reaktionen, die sich bei Angehörigen nach plötzlichen, traumatischen Unfällen, Todesfällen usw. zeigt, ist ein Nicht-Wahrhaben-Können der Realität. Dies ist als ein Schutz vor Überwältigung zu sehen. Die Anerkennung des Tods eines nahestehenden Menschen ist jedoch ein erster, wichtiger Schritt in der Trauerarbeit. Um darauf hinzuführen, kann die betreuende Person helfen, indem sie Fragen zur Person und/oder den Ereignissen der letzten Tage oder Stunden stellt. Dabei sollte sich die Betreuungsperson vorsichtig und langsam zum belastenden Inhalt herantasten. Dies kann zum Beispiel dadurch erfolgen, dass von der verstorbenen Person nur noch in der Vergangenheitsform gesprochen wird [10].

Beispiel.

Wollen Sie mir von Ihrem Angehörigen erzählen? Wie war er so? Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?

Angehörige fragen immer wieder nach, ob es denn sein kann, dass der Patient tatsächlich verstorben ist. Solche Fragen sind ehrlich, mit einem „Ja, er ist tot“ zu beantworten. Angehörige fragen auch nach, wann die Situation erträglicher oder leichter wird, oder wann der Schmerz aufhört. Dazu kann gesagt werden, dass das erste Jahr vermutlich das schwerste sein wird. Alles im Jahreslauf, ob Geburtstage, Feiertage, Weihnachten, Ostern, Jahrestage u. ä., wird ohne den geliebten Angehörigen erlebt und niemand weiß im Vorfeld, wie sich das anfühlt. Sind jedoch die Feierlichkeiten einmal ohne den geliebten Menschen durchlebt, kennen die Betroffenen das Gefühl und lernen, damit umzugehen. Nicht umsonst gab es früher ein offizielles Trauerjahr. Auch eine wichtige Maßnahme um die Anerkennung des Tods zu fördern ist es, eine Verabschiedung zu ermöglichen. Wo (auf der Station oder beim Bestatter) und ob diese dann schlussendlich stattfindet, bleibt den Angehörigen selbst überlassen. Bei Entstellungen müssen diese angesprochen und Bedenken offen geäußert werden.

Struktur geben

Angehörige in Krisensituationen befinden sich zumeist das erste Mal in einer solchen schwierigen Situation, wohingegen das ärztliche und pflegerische Personal mit den Abläufen in solchen Fällen auf einer Station vertraut ist. Durch das Wissen um diese strukturierten Abläufe kann das Personal den Angehörigen Sicherheit vermitteln und erklären, dass diese Situation in Schritten bewältigt werden wird. Essenziell ist es, ein geeignetes Setting zu schaffen, sich namentlich und in seiner Funktion vorzustellen und eventuell dem Gespräch einen zeitlichen Rahmen zu geben (siehe Punkt 1: Bindung herstellen). Dabei ist es enorm wichtig, den Angehörigen das Gefühl zu geben, ausschließlich für sie und ihre Fragen und Wünsche da zu sein. In diesen Gesprächen werden, neben der Überbringung der schlechten Nachricht, notwendige Handlungsschritte erklärt und begleitet, wie z. B. der Ablauf einer Organspende, wie der Ablauf mit dem Bestattungsinstitut funktioniert usw. Vorrangig werden diese Schritte in erster Linie durch den behandelnden Arzt erläutert. Die betreuende Pflegeperson sollte jedoch bei diesen Gesprächen nach Möglichkeit anwesend sein, um auf spätere Fragen der Angehörigen rechtlich korrekt eingehen zu können [11].

Informieren

Ziel ist es, durch gesicherte, ehrliche Angaben Informationslücken von Angehörigen zu schließen. Viele Angehörige sind beim eigentlichen Ereignis nicht dabei (Unfall, Reanimation …) und oft tauchen im Nachhinein Fragen auf. Es gibt immer wieder Informationen, die zuerst vom behandelnden Arzt bzw. von anderen Organisationen und Stellen (Exekutive, Feuerwehr, Notarzt …) eingeholt werden müssen. In diesem Fall ist es den Angehörigen mitzuteilen, dass die Einholung solcher Informationen noch ein wenig Zeit benötigt, da man nur gesicherte Informationen weitergeben kann und will. Dadurch wird eine Vertrauensbasis geschaffen, die geschützt werden kann, indem der Gebrauch von medizinischen Fachausdrücken in den Hintergrund gerückt wird, da das Nichtverstehen des Fachjargons zusätzliche Angst auslösen kann [11]. Die Angehörigen sollten über physische und psychische Reaktionen informiert werden, die auftreten können, nachdem eine Todesnachricht überbracht wurde: betäubt sein, nicht wahrhaben wollen/können der Realität, Verzweiflung, Überwältigung, Idealisierung des Verstorbenen, Wut, Aggression, Schuldgefühle.

Beispiel.

Viele Angehörige können zu Beginn nicht weinen, da im Innersten noch eine Verweigerung des Ereignisses stattfindet. Dies wird von Angehörigen oft als belastend erlebt, da sie denken, nicht richtig zu trauern (Schuldgefühle). In diesen Fällen ist es entlastend, den Personen zu versichern, dass das anfängliche Nicht-weinen-Können (Abspalten der Gefühle) normal ist und einen psychischen Überlastungsschutz darstellt. Die KI bezeichnet dies als „Normalisierung der Gefühle“.

Angehörige fragen auch immer wieder, ob sie nicht etwas „zur Beruhigung“ haben können. Es gilt zu vermeiden, Angehörigen diverse Tranquilizer zu geben. Dies lässt Angehörige meist handlungsunfähig werden und führt nur zu einer verzögerten Trauerreaktion. Im Nachhinein wird dieses „Nichts-tun-Können“ als sehr belastend empfunden.

Beispiel.

„Ich war so unruhig … da hat mir der Hausarzt etwas zur Beruhigung gespritzt … danach war ich wie in Watte gepackt … ich konnte nichts tun, außer auf der Couch zu sitzen und zuzuschauen, wie die anderen Familienangehörigen das Begräbnis planten. Im Nachhinein war ich sehr traurig, dass ich nicht fähig war, aktiv die Beerdigung meines Mannes mitzugestalten.“

Sicherstellung von Auffangnetzen

KI oder die professionelle Hilfestellung von Ärzten und Pflegepersonal ist keine Therapie, sondern versteht sich vielmehr als emotionale erste Hilfe. Ziel ist es, das soziale Netz der Angehörigen wieder zu reaktivieren, sodass sie sich gegenseitig unterstützen und auch miteinander über das Geschehene sprechen können.

In vielen Fällen kann die Unterstützung durch das Personal sehr praktisch orientiert sein:

  • Wie kommen die Angehörigen nach Hause?

  • Soll die Seelsorge verständigt werden?

  • Gibt es noch andere Angehörige die verständigt werden müssen?

  • Brauchen die Angehörigen Informationen über weiterbetreuende Einrichtungen, gerade wenn z. B. Kinder im Spiel sind?

  • Ist die Anforderung eines KI-Teams sinnvoll?

Infobox 1 Grundlagen der Gesprächsführung nach dem BASIS-Modell

  • Stellen Sie sich namentlich und in Ihrer Funktion vor.

  • Nehmen Sie sich Zeit.

  • Seien Sie ehrlich, beantworten Sie alle Fragen. Sagen Sie, wenn Sie etwas nicht wissen (ein ehrliches „… ich weiß es nicht …“ ist in Ordnung).

  • Sprechen Sie in einfachen Sätzen; vermeiden Sie Fachausdrücke.

  • Nach einer ersten Reaktion besprechen Sie das weitere Vorgehen.

  • Warten Sie diese Reaktion unbedingt ab (z. B. weinen).

  • Bieten Sie Unterstützung an (Klinikseelsorge, KI …).

  • Fragen Sie nach, ob das Gesagte verstanden wurde.

  • Ermöglichen Sie einen Patientenkontakt/eine Verabschiedung.

  • Für ärztliches Personal: Beziehen Sie die betreuende Pflegeperson unbedingt mit ein.

  • Seien Sie direkt.

  • Der Flur ist nicht der geeignete Ort für ernste Gespräche. Schaffen Sie ein angenehmes Setting.

  • Fallen Sie mit der Tür ins Haus. Man kann ernste Dinge nicht schönreden.

  • Achten Sie auf die richtige Formulierung. Vermeiden Sie beschönigende Ausdrücke wie z. B. „er ist entschlafen“. Sprechen Sie aus, dass jemand tot ist.

  • Einleitung korrekt und schlicht wählen („ich muss Ihnen leider sagen, dass …“; „es ist meine Aufgabe Ihnen mitzuteilen, dass“).

  • Fragen abwarten.

  • Details erzählen.

Hilflosigkeit bei Helfern

Hilflosigkeit kann bei Helfern entstehen, wenn diese versuchen, das Leid der Opfer zu lindern, anstatt Bedürfnisse zu erfragen, zu normalisieren und Gefühle der Orientierungslosigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Schuld zu reduzieren. Denn dadurch fehlt den Betreuungspersonen die Möglichkeit, Elemente in ihrer Umgebung zu kontrollieren, um Bedrohungen und Gefahren abzuwehren und sich selbst und andere zu schützen. Dabei ist es unbedeutend, ob die Person nur das Gefühl hat, hilflos zu sein (subjektive Einschätzung) oder tatsächlich keine Handlungsmöglichkeiten (objektive Einschätzung) zur Verfügung stehen. Hilflosigkeit löst nicht nur unangenehme Gefühle aus, sie schädigt auch die psychische Gesundheit. Hilflosigkeit kann Gefühle der Unzulänglichkeit und Selbstunsicherheit, Angst, Antriebslosigkeit, Depressionen und Apathie verursachen. In extremen Fällen kann dies bis zur Suizidalität führen [12]. In Tab. 1 findet sich eine Gegenüberstellung, wo eine Betreuungsperson helfen kann bzw. wo Hilfe nicht möglich ist. Zu beachten sei an dieser Stelle, dass Hilfsangebote in Situationen, in denen es keine Hilfe gibt, bei den Betreuenden zu Hilflosigkeit und Schuldgefühlen führen und daher vermieden werden müssen. Mitgefühlsermüdung ist bei Intensivpersonal ein nicht zu unterschätzendes Problem, da es zu schlechterer Patientenbetreuung führt und mittlerweile bei über 80 % des Pflegepersonals im Notfallbereich auftritt [13].

Tab. 1 Wo helfen möglich ist und wo nicht [12]

Posttraumatische Reifung

Nicht zwingend erleidet jeder Angehörige nach belastenden Ereignissen eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Viel eher zu finden ist eine akute Belastungsstörung die in der Symptomatik der PTBS sehr ähnlich ist und bis zu 4 Wochen dauern kann. Bei einem Verdacht auf eine PTBS muss ein diagnostisches Gespräch sowie eine Traumaverarbeitung durch spezialisiertes Personal (Psychotherapeuten, Psychiater) erfolgen [14]. Hinterbliebene schaffen es aber auch, aus dem Geschehenen etwa Positives zu entwickeln. Dieses Phänomen wird als posttraumatische Reifung bezeichnet. Betroffene Personen versuchen, aus dem Erlebten einen Sinn zu gewinnen und so den Verlust erträglicher zu machen [15, 16]. Posttraumatische Reifung passiert nicht unmittelbar nach einem traumatischen Ereignis. Zwischen diesen Prozessen kann eine sehr lange Zeitspanne, auch Jahre, liegen. Dabei beginnen Opfer oder Hinterbliebene, diese traumatische Episode in ihrem Leben als Bruch zu sehen, und sie können sich wieder etwas Positivem zuwenden. Dasselbe traumatische Ereignis, das zuerst Leid, intensive Angst und Verzweiflung verursachte, wird zum Ausgangspunkt und zum Impuls eines „neuen Lebens“ [17]. Dennoch muss beachtet werden, dass das traumatische Erlebnis bedrohlich und schmerzlich erhalten bleibt und auch nicht vollständig bewältigbar ist oder vergessen werden kann.

Fazit für die Praxis

  • Das Wissen um die eigenen emotionalen Reaktionen im Umgang mit Angehörigen kann Unsicherheit und Angst bei der Betreuung von Menschen in Krisen vorbeugen.

  • Eine fundierte Ausbildung in der richtigen Gesprächsführung oder in der KI und supervisorische Begleitung im Berufsalltag legen den Grundstein dafür, als medizinische Fachkraft Personen, die eben einen persönlichen Verlust erlitten haben, professionell unterstützen zu können.

  • Das BASIS-Modell kann ein Wegweiser sein, wie Gespräche begonnen, geführt und geleitet werden können. Die wichtigsten Eckpfeiler hierbei sind die einfache Sprache, Ehrlichkeit, genügend Zeit und geeignete Räumlichkeiten für die Kommunikation mit den Betroffenen.

  • Personal, das sich unsicher ist, sollte sich auf jeden Fall Hilfe bei erfahrenen Kollegen oder dem nächsten KI-Team holen.