FormalPara Originalpublikation

Coffey JC, Kiernan MG, Sahebally SM et al (2018) Inclusion of the mesentery in ileocolic resection for Crohn’s disease is associated with reduced surgical recurrence. J Crohns Colitis. https://doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjx187

Zusammenfassung

Einleitung.

Die Kollegen aus Limerick beschäftigen sich hier mit einer möglichen Verbesserung der operativen Rezidivrate von Morbus-Crohn-Patienten durch partielle Mitnahme von mesenterischem Gewebe bei ileokolischen Resektionen.

Methodik.

Als Rezidive wurden die Operationen wegen mit Morbus Crohn assoziierten Problemen nach ileokolischer Resektion, nicht aber Operationen wegen post- oder perioperativen Komplikationen gezählt. Diese „chirurgischen Rezidivraten“ wurden über ein medianes Follow-up von fast 6 Jahren zwischen zwei Kohorten (A: ohne Mesenterium = 30, B: mit Mesenterium = 34 Patienten) verglichen. Bezüglich einer möglichen Assoziation von mesenterieller Entzündung und Rezidivrate wurden in Kohorte B neben dem CDAI (Crohn’s Disease Activity Index) zusätzlich eigens generierte Scores – der „mucosal disease activity index“ und ein Score zur mesenteriellen Aktivität – verwendet. Zusätzlich wurden aus 94 konsekutiv operierten Crohn-Patienten (aller Darmlokalitäten) als dritte Kohorte (C) 31 Patienten mit >50 % „fat wrapping“ an der Darmzirkumferenz gefunden, die eine Aussage über die histologische Aktivität im resezierten Mesenterium und die chirurgische Rezidivrate geben soll.

Ergebnisse.

Neun Patienten (30 %) der Kohorte A und 1 Patient (2,9 %) jener mit mesenterischer Teilresektion (B) mussten aufgrund eines Crohn-Rezidivs neuerlich operiert werden. Drei der 9 Patienten wurden mehrfach operiert (gesamt 12 Operationen), in der kumulativen Operationsrate zeigt sich dadurch eine deutliche Signifikanz. 92 % der Reoperationen erfolgten innerhalb von 2 Jahren. In Kohorte A zeigt der proximale Resektionsrand in 79 % eine Crohn-typische Entzündung, bei 84 % der Kohorte B hingegen keine. In der Kohorte B korreliert der Aktivitätsindex (und die Topographie) von mesenterischer Erkrankung mit der mukosalen sowie dem CDAI und Rauchen. Das ausgeprägte „fat wrapping“ der Kohorte C konnte assoziiert werden mit komplizierter Crohn-Erkrankung und häufigerem als auch schnellerem chirurgischem Rezidiv. Die mesenterische Aktivität war höher bei Rauchern und korrelierte mit erhöhter Zahl von zirkulierenden Fibrozyten.

Schlussfolgerung.

Die Mitnahme des erkrankten Mesenteriums bei ileokolischer Resektion ist in dieser Studie mit einer verringerten Rate an Reoperationen bei Crohn-Rezidiv assoziiert.

Kommentar

Das Mesenterium wird seit den 1970er Jahren als Organ mit spezifischem Krankheitswert bei Morbus Crohn diskutiert. 1997 berichtet eine Gruppe aus Bologna nach initialen Beobachtungen an Hasen auch von 20 Crohn-Patienten mit reduzierter chirurgischer Rezidivrate nach ileokolischer Resektion und zusätzlicher Mesenterium-Omentumplastik [1]. Eine Gruppe aus Frankreich zeigt 2007 in eindrücklicher Art die spezifischen Eigenheiten des „creeping fats“ und Mesenteriums bei Morbus Crohn auf [4]. In den folgenden Jahren wurde nicht nur die antimesenterielle Anastomose zur bevorzugten Techniken in der Crohn-Chirurgie, auch konnte abseits der großen Veränderungen in der medikamentösen Therapie neuerlich eine Assoziation von chirurgischem Rezidiv und bildgebend auffälligem und verbliebenem mesenteriellem Fettgewebe berichtet werden [3].

In der hier publizierten retrospektiven Studie wird der mögliche Vorteil durch Mitnahme des ileokolischen Mesenteriums bei Morbus-Crohn-Patienten aufgezeigt. Hierzu wurden operierte Patienten vor 2010 (Kohorte A) mit den Patienten nach 2010 (Kohorte B) verglichen, da die operative Technik in dem Zentrum geändert wurde. Die Auswahl und Erfahrung mit einer neueren medikamentösen Therapie war vor 2010 im Vergleich zu den Jahren danach limitiert, so verwundert es nicht, dass die Kohorte B zum Zeitpunkt der ileokolischen Resektion häufiger mit Biologika vorbehandelt waren. Insofern wurde eventuell die Operationsindikation auch zuvor anders eingeschätzt, jedenfalls war immer ein interdisziplinäres Team dafür zuständig.

Die Patienten zeigen in der multivariaten Analyse als Risikofaktoren zum chirurgischen Rezidiv einmal mehr das Rauchen und den Phenotyp nach Vienna-Klassifikation – auffällig hier: mehr (auch ehemalige) Raucher fanden sich in der Kohorte A, welche deutlich mehr Reoperationen hatte.

Kritisch muss auch gesehen werden, ob Reoperationen im perioperativen Verlauf von Crohn-Patienten tatsächlich von einer Komplikation abseits der Grunderkrankung unterschieden werden können, wie hier in der Einleitung angegeben.

Die mukosalen und mesenteriellen Veränderungen passieren laut der histologischen Befundung in dieser Studie in sehr naher Nachbarschaft und spielen sich in einer Art Transitionszone ab. Bei den Patienten nach 2010 wurde laut Studie – bei kürzerer Resektionlänge – im gesunden Anteil, der auch frei von Fettgewebsveränderungen war, reseziert. Obwohl man in der Kohorte vor 2010 sozusagen darmsparend und makroskopisch am „freien Rand“ des pathologisch wirkenden Darms reseziert hat, ist die Resektionslänge bei Patienten vor 2010 durchschnittlich etwas großzügiger ausgefallen.

Die Studie lässt nicht zuletzt wegen der geringen Patientenzahl offen, ob die niedrigere Rezidivrate hier speziell für Patienten mit ileokolischem Befall und ungeachtet der Art der mesenteriellen Beteiligung (z. B. wie viele mesenterielle Abszesse gab es bildgebend in der Kohorte A) gelten kann. Jedenfalls kann diese Studie die Hypothese einer postoperativ vorteilhaften und geringeren lokalen immunologischen Reaktion im Operationsgebiet bei Morbus-Crohn-Patienten durch die Mitnahme des Mesenteriums und damit von Lymphgewebe [2] neuerlich unterstützten. Es bleibt aber unklar, ob dies für alle Patienten und Erkrankungsstadien mit Morbus Crohn behauptet werden könnte.

Aktuell laufen einige Studien rund um die mesenterischen Zustände und Zusammenhänge mit der Chirurgie von Morbus Crohn und lassen auf mehr Klarheit in den nächsten Jahren hoffen.