Skip to main content
Log in

Ueber ein neues Operations — Verfahren in verzweifelten Fällen chronischer Iritis und Iridocyclitis

  • Published:
Archiv für Ophthalmologie Aims and scope Submit manuscript

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literatur

  1. Dies hat besonders bei einigen Fachgenossen Verwunderung erregt. Wer den natürlichen Hergang innerer Ophthalmien verfolgt, wird darin nichts besonders Merkwürdiges finden. Es giebt eine Reihe von chronischen Entzündungen des Aderhauttractus, in deren Verlauf der Bulbus bedeutend an Ausfüllung verliert, und in deren Rückbildungsstadium, selbst ohne operative Kunsthülfe, eine vollständige Wiederherstellung der normalen Consistenz wieder statt findet. Gewisse Formen von chronischer Iritis, bei welchen sich nur wenige hintere Synechien, wohl aber auf Grund cyclitischer Complication massenhafte Glaskörperopacitäten bilden, geben hierfür die schlagendsten Beispiele. So gut nun eine Atrophia bulbi sich spontan, bei heilenden Grundleiden, zurückbilden kann, ist es auch wohl begreiflich, dass ein Mittel, welches, wie die Pupillenbildung, dem Grundleiden auf eine energische Weise entgegentritt, die Rückbildung der Atrophie befördert.

  2. Es erklärt sich diese Veränderung wohl zum Theil direct aus dem verminderten Drucke, zum Theil aus der ungenügenden Durch-tränkung der Hornhaut mit einem spärlichen und pathologisch veränderten Humor aqueus. Ist doch unter diesen Umständen die vordere Kammer dem intraocularen Druck, welcher sich nur bis zum Septum der iritischen Schwarten ausdehnt, gänzlich entzogen. Endlich mag auch eine Ernährungsstörung der tieferen Hornhautlagen, durch die Verwicklung der Ciliartheile in dem Prozess bedingt, sich betheiligen. Es ist schon seit geraumer Zeit hervorgehoben, worden (Arlt), dass bei dem hier berührten Zustand von Phthisis Corneae gewöhnlich dicke Exsudatschwarten hinter der Iris, welche mit den Ciliartheilen in Verbindung stehen, vorhanden sind.

  3. Man darf sich die in diesen Fällen bestehende Synechia posterior totalis nicht blos als den Pnpillarrand behaftend vorstellen; es ist gewöhnlich der kleine Iriskreis, in einer Breite von 1/2"’ und darüber durch Pigmentschwarten mit der Kapsel verlöthet. Wird nun diese Zone an irgend einem Punkte gefasst und pheripherisch verzogen, so wird nicht die gefasste Stelle von der Capsel abgelöst, während der übrige verwachsene Ring unter einer entsprechenden Dehnung relativ in situ bleibt, sondern es wird, weil längs dieses Ringes die stärksten Cohärenzen sind, das ganze Pupillargebiet bis gegen die Wunde verzogen, wodurch nothwendig eine bedeutende Spannung in dem gegenüberliegenden Theil der Iris und auch der Zonula eintreten muss.

  4. Ich werde von jetzt ab dem Namen der «totalen hinteren Synechie» den der «circulären» oder «ringförmigen» Synechie substituiren. Letztere beiden Ausdrücke werden synonym mit «Pupillarabschluss» sein. Die Bezeichnung «totale hintere Synechie» passt mehr für den Zustand, wo die ganze hintere Fläche der Iris durch Pigmentschwarten mit der Kapsel verlötbet ist, also gerade für die oben zuletzt erwähnte Krankheitsform.

  5. Ich operirte einen solchen Patienten, der, als das Loch ungefähr 1"’ Diameter hatte, sich nicht blos vollkommen frei orientiren, sondern Schrift Nr. 14 präcise, Nr. 11 der Jäger’schen Proben etwas unsicher lesen konnte. Der Glaskörper drängte sich mit einer kleinen stark convexen Fläche in die Oeffnung hinein, dem entsprechend hatte das Auge auch einen stark kurzsichtigen Bau. Es waren die ersten Lichteindrücke, die der arme Patient seit 15 Jahren gehabt und welche, ehe sie nach einigen Tagen unwiederbringlich schwanden, nur zu einem rührenden Wiedererkennen der Angehörigen benutzt wurden.

  6. Ich hege hier eine ganz ähnliche Ansicht über die Wirkung des Linsensystems, wie bei Staphylomen (s. A. f. O. Bd. IV. Abth. 2. pag. 158.

  7. Auch an Augen, welche neben Cataract mit partieller oder circulärer hinterer Synechie behaftet sind, scheint die Tendenz zur Suppuration eher geringer zu sein. Ich finde in meinen Notizbüchern viele derartige Operationen verzeichnet, alle an älteren Individuen, ohne dass einmal eine Suppuration erfolgte. Wir müssen jedoch gestehen, dass der Vergleich gegenüber der einfachen Lappenextraction kein reiner ist. Denn ich verrichte stets in solchen Fällen gleichzeitig oder vor der Extraction ein Colobom nach dem Scheitelpunkt des Schnittes hin, wodurch offenbar ein grosser Vortheil in Betreff der Quetschung der Iris gewährt wird. Ein solches Colobom genügt in den einfachen Fällen hinterer Synechie mit Cataract vollkommen, so dass ich nie zur Wenzel’schen Excision zu flüchten brauchte. Die Thatsache, dass Operationen an solchen Augen gewöhnlich gut ablaufen, glaubte ich gelegentlich hier erwähnen zu müssen, weil von vielen Fachgenossen die Prognose übertrieben bedenklich gestellt wird. Ich finde übrigens schon bei Wenzel eine ganz congruirende prognostische Ueberzeugung verzeichnet, welcher in seinem Manuel de l’oculiste (Paris 1808) Tome I. pag. 142 sagt: “En effet je n’ai jamais vu qu’aucun de ces symptomes ait nui au succès de l’opération et ait occasionné les suites funestes, qu’on observe dans l’opération de la cataracte simple.”

  8. Aus einer Stelle in Wenzel (Manuel de l’oculiste. Tome I. pag. 141.) geht allerdings hervor, dass derselbe bereits an die Entfernung durchsichtiger Linsen bei inneren Entzündungen gedacht hat, allein nicht in der Absicht, des Entzündungsprozesses Herr zu werden, sondern um einer späteren Cataractbildung vorzubeugen. Ein solcher Grund würde wohl heutzutage nicht mehr zu statuiren sein, da durch die Pupillenbildung allein, wo sie möglich ist, die Integrität des Linsensystems meist gerettet wird. Auch finde ich in Wenzel’s Werken keinen Passus, der die Ausführung jenes Vorschlges bekundet.

  9. So entfernte ich bei einem jungen Manne aus Hamburg, der beiderseits erblindet, aber rechts noch eines guten Lichtscheines genoss, aus diesem letzteren Auge eine an der hinteren Fläche der Iris entstandene harte Platte, welche, von Dr. Schweigger untersucht, die untadelhafteste Knochenstructur nachwies, und deshalb in der histologischen Sammlung unserer Klinik aufbewahrt wird.

  10. Im Augenblick, wo ich den Druck dieser Abhandlung revidire, ist das Sehvermögen der Patientin durch eine per contagium acquirirte conjunctivitis granulosa wieder geschwächt, so dass sie Finger nur bis auf 4′ zählt und sich nicht sicher führt. Die Pupille ist jedoch bei dieser Verschlechterung unbetheiligt, nur die ohnedem so stark bestürmte Hornhaut durch das Leiden erheblicher infiltrirt, hoffentlich in vorübergehender Weise.

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

v. Gräfe, A. Ueber ein neues Operations — Verfahren in verzweifelten Fällen chronischer Iritis und Iridocyclitis. Archiv für Opthalmologie 6, 97–121 (1860). https://doi.org/10.1007/BF02720809

Download citation

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF02720809

Navigation