Beitrag zur Kenntnis des Vitaminwertes der Gärungsessige und der künstlichen Essenzessige

Zusammenfassung

Aus den Ergebnissen aller unserer Versuche können wir folgende Schlußfolgerungen ziehen:

• 1. Der Gärungsessig enthält das antineuritische B-Vitamin und das wasserlösliche wachstumsfördernde G-Vitamin. Das antiskorbutische C-Vitamin konnte wenigstens nicht in einer solchen Menge festgestellt werden, um praktisch zur Wirkung kommen zu können.

• 2. Die Wirksamkeit der Vitamine und ihre praktische Geltungskraft wird aber durch den physiologischen Einfluß der Essigsäure kompliziert und überdeckt. Es kann der Effekt des B-Vitamins bei dauernder Aufnahme des Gärungsessigs durch die Acidose paralysiert werden, die durch die dauernde Essigsäureaufnahme hervorgerufen wird in ähnlicher Weise wird auch der günstige Einfluß der Wirkungskraft des D-Vitamins durch die ungünstige Einwirkung der Essigsäure paralysiert.

• 3. Bei synthetischem Kunstessig konnte weder das Vitamin B noch das Vitamin D festgestellt werden. Es konnte im Gegenteil gezeigt werden, daß die Essigsäure dieses Essigs viel giftiger wirkt als die der Gärungsessige.

• 4. Da aber das Zurgeltungkommen der Vitamine auch bei den Gärungsessigen sehr kompliziert ist, ferner durch die schädlichen Einflüsse der Essigsäure gestört wird und da schließlich diese ungünstigen Auswirkungen der Essigsäure beim Kunstessig noch größer sind, so schließen wir daraus, daß es für die Beurteilung des Ernährungswertes der verschiedenen Essige viel wichtiger ist, die Einflüsse der Gärungsessigsäure auf der einen und die der synthetischen Essigsäure auf der anderen Seite zu studieren, als sich mit der Abschätzung des Vitaminwertes der Essige zu befassen. Die hierbei festgestellten Differenzen werden eher ihren Grund in der verschieden starken Nährkraft beider Essige, als in den Unterschieden ihres Vitaminwertes haben. Es spielen unserer Meinung nach die Differenzen im Vitaminwerte der Gärungs- und Kunstessige — wenngleich wir hierbei solche Unterschiede haben feststellen können — bei der physiologischen Wirkung der Essige als Bestandteile der praktisch gemischten Nahrung eine untergeordnete Rolle.