Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert Familienkindheiten als Ausdruck grundlegender gesellschaftlicher Umbrüche seit den 1960er-Jahren, die sich als Ökonomisierung und Vermarktlichung beschreiben lassen. Basierend auf einer wissenssoziologischen Perspektive geht es erstens um die Rolle von Kindern und Eltern im westlich-modernen Modell einer Wissens- wie Praxisform, innerhalb derer zwei Generationen scheinbar naturwüchsig miteinander über einen langen Zeitraum interagieren und deren gegenwärtige normative Formatierungen im Feld der „guten“ Elternschaft. Zweitens beleuchtet der Artikel Einflüsse der Arbeitswelt und des Bildungswesens auf die in Familien gelebte Kindheit. Drittens wird auf die mannigfache Widersprüchlichkeit gesellschaftlicher Ansprüche an das Familienleben heute hingewiesen.
Notes
- 1.
So der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung zur Familienpolitik 2002.
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