Zusammenfassung
Der Artikel beschreibt sexuelle Sozialisationsprozesse in der Pubertät im Zeitalter des Internets. Wie wirken sich digitale Medien auf Sexualität und Beziehungen, auf Kommunikation und Privatsphäre von Jugendlichen aus? Als Indikator zur Beantwortung dieser Frage dienen empirische Daten zum Alter beim ersten Geschlechtsverkehr, zum Vorkommen von Jugendschwangerschaften, zum Verhütungsverhalten sowie zu den Liebesidealen und seriellen Beziehungen von Jugendlichen.
Notes
- 1.
Inzwischen wird von bis zu drei „sexuellen Revolutionen“ gesprochen: erstens der sexuellen Revolution der späten 1960er und frühen 1970er-Jahre, zweitens der neosexuellen Revolution der 1990er-Jahre und drittens der digitalen sexuellen Revolution durch das Internet. Alle drei sind nicht unumstritten. Volkmar Sigusch, der den Begriff der neosexuellen Revolution prägte, führt selber einige Einschränkungen an, wenn er ausführt: „Von Revolution spreche ich, weil wir inzwischen wissen, dass Umwälzungen dramatisch oder undramatisch, schlagartig oder schleichend verlaufen können und dass sie nicht unbedingt in ein Reich der Freiheit führen“ (Sigusch 2013, S. 231).
- 2.
Raten, die die Anzahl der Schwangerschaften, Geburten und Schwangerschaftsabbrüche per 1000 Frauen pro Jahr beschreiben, sind das angemessene Kriterium für zeitliche Trends, da sie die Schwankungen in der Teenagerpopulation nicht abbilden.
- 3.
Die Anzahl der Schwangerschaften umfasst nicht die Fehlgeburten, da diese statistisch nicht erhoben werden. Man schätzt, dass etwa 10 % bis15% aller Schwangerschaften von Teenagern mit einer Fehlgeburt enden.
Literatur
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Matthiesen, S., Dekker, A. (2015). Jugendsexualität. In: Lange, A., Steiner, C., Schutter, S., Reiter, H. (eds) Handbuch Kindheits- und Jugendsoziologie. Springer NachschlageWissen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05676-6_28-1
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