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Warum sollte die hermeneutische Wissenssoziologie an der Rekonstruktion des subjektiven Sinns festhalten?

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Wer oder was handelt?

Part of the book series: Wissen, Kommunikation und Gesellschaft ((WISSEN))

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Zusammenfassung

In seinem Beitrag hebt Norbert Schröer die Bedeutung des von Alfred Schütz für die Rekonstruktion der sozialen Wirklichkeit so stark gemachten Postulats der subjektiven Interpretation hervor. In Abgrenzung zu strukturalistischen Positionen verweist er auf die Bedeutung der Perspektivität der Erfahrungsbildung für die Stellung des Subjekts in der sozialen Wirklichkeit. Die Perspektivität der Erfahrungsbildung sei ausschlaggebend dafür, dass das soziohistorische Apriori den Menschen keine ausbalancierte Orientierung bieten kann. Die historisch im interaktiven Wechselspiel herausgebildeten Typisierungen und Orientierungsschemata seien letztlich dezentral in den Perspektiven der einzelnen Subjekte repräsentiert, die situativ immer wieder aufgefordert sind, im Bemühen um eine nie ganz, bestens hinreichend gelingende Perspektivübernahme den Spalt zu schließen. Aus diesem das gesellschaftliche Überleben sichernden, aber nie vollständig gelingendem kommunikativen Handeln heraus entstehe Subjektivität.

Dieser Beitrag geht von Überlegungen aus, die ich schon in meinem Aufsatz „Strukturanalytische Handlungstheorie und subjektive Sinnsetzung. Zur Methodologie und Methode einer hermeneutischen Wissenssoziologie“ (Schröer, 1997) angestellt habe. Ich habe mein Argument damals stark methodologisch-methodisch ausgerichtet, in dem vorliegenden Beitrag hingegen die subjekttheoretischen Aspekte betont.

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Notes

  1. 1.

    Entsprechende Strukturierungsprozesse lassen sich im Rahmen meines Beitrags nicht angemessen empirisch illustrieren. Anthony Giddens verweist mit Nachdruck auf die berühmte ethnographische Studie von Paul Willis, Spaß am Widerstand. Gegenkultur in der Arbeiterklasse (1979), in der es um die nichtintendierte Reproduktion von kapitalistischen Herrschaftsverhältnissen ‚durch‘ das Widerstandsverhalten von jungen Schülern aus der Arbeiterklasse ‚hindurch‘ geht. Giddens kommentiert diese Studie ausführlich (vgl. Giddens 1992, S. 343–359). Eine weitere Illustration stellt Agnieszka Satola mit ihrer empirischen Untersuchung zu Ausbeutungsverhältnissen und Autonomisierungsprozessen von polnischen Frauen, die in deutschen Haushalten irregulär beschäftigt werden, zur Verfügung (Satola 2014).

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Schröer, N. (2014). Warum sollte die hermeneutische Wissenssoziologie an der Rekonstruktion des subjektiven Sinns festhalten?. In: Poferl, A., Schröer, N. (eds) Wer oder was handelt?. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02521-2_4

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