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Demenz in Familien mit türkischem Migrationshintergrund

Organisation und Merkmale häuslicher Versorgungsarrangements

Dementia in families with a Turkish migration background

Organization and characteristics of domestic care arrangements

Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Hintergrund

An Demenz erkrankte Menschen mit türkischem Migrationshintergrund standen bislang eher wenig im Fokus der „Public-health“- und Versorgungsforschung. Es existiert nur geringe wissenschaftliche Evidenz zur Versorgungssituation dieser Bevölkerungsgruppe. Bekannt ist, dass die Versorgung nahezu ausnahmslos in und von den Familien erbracht wird sowie formelle Hilfen dabei nur wenig in Anspruch genommen werden.

Ziel der vorliegenden Studie war es, Erkenntnisse über Organisation und Merkmale der häuslichen Versorgung von an Demenz erkrankten Menschen mit türkischem Migrationshintergrund aus Sicht der versorgenden Angehörigen zu generieren.

Methoden

Es wurden leitfadengestützte Interviews mit 7 versorgenden Angehörigen durchgeführt. Die Auswertung erfolgte unter Rückgriff auf die Prinzipien der „grounded theory“.

Ergebnisse

Die selbstverständliche, bedingungslose Übernahme und Organisation der häuslichen Versorgung konnte als Hauptmerkmal identifiziert werden. Diese familiäre Entscheidung wird durch das Vorliegen einer Demenzerkrankung nicht beeinflusst, und die Versorgung wird meist, wenig informiert über die Erkrankung, übernommen. Es bestehen zahlreiche Zugangsbarrieren bei der Inanspruchnahme formeller Hilfen. Die befragten Angehörigen beklagen die mangelnde Kultursensibilität der bestehenden formellen Angebote.

Schlussfolgerung

In der Gruppe der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund besteht Aufklärungs- und Beratungsbedarf bezüglich Pflegebedürftigkeit bei Demenz. Um eine personenzentrierte Versorgung zukünftig zu gewährleisten und die Familien zu entlasten, sollten kultursensible Unterstützungsangebote etabliert werden. Diese müssen sich stärker an den individuellen, kulturellen Bedarfslagen der von Demenz betroffenen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund orientieren.

Abstract

Backround

Until recently public health and health services research has not been concerned with people suffering from dementia with a Turkish migration background as a priority. There is little evidence about the situation of this population; however, it is known that these individuals almost always live with their families and are cared for by their families generally without seeking professional support. The aim of this study was to gain insight into the organization and characteristics of home-based care arrangements for people suffering from dementia with a Turkish migration background from the family carer’s perspective.

Methods

Interviews with seven family carers. The principles of the grounded theory served as a framework for data analysis.

Results

Unconditional commitment to caring for a family member with dementia was identified as the main characteristic of care arrangements in families with a Turkish migration background. Dementia is not a factor that has an impact on the decision of families to assume care responsibility for an affected family member and there is a lack of knowledge about dementia in general. There are various inhibiting factors for the utilization of formal services and the family carers in this sample complained that the available services are not culturally sensitive.

Conclusion

There seems to be an extensive need for information and counselling regarding care dependency and dementia among the Turkish community. To provide personal-centred care and relief to these families in the future, efforts should be made to adapt the current care system to the specific needs and demands of this population. Cultural sensitivity in general and individual subjective needs of persons with a Turkish migration background affected by dementia should be taken into account.

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Notes

  1. Zu den Menschen mit türkischem Migrationshintergrund zählen alle, die die türkische Staatsangehörigkeit haben, und solche, die selber aus der Türkei eingewandert sind und durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, des Weiteren auch Menschen, von denen eine der beiden genannten Definitionen auf mindestens ein Elternteil zutrifft [16].

  2. Der gesamte Interviewleitfaden kann bei der Erstautorin nachgefragt werden.

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Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

M. Mogar und M. von Kutzleben geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Personen liegt eine Einverständniserklärung vor.

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Mogar, M., von Kutzleben, M. Demenz in Familien mit türkischem Migrationshintergrund. Z Gerontol Geriat 48, 465–472 (2015). https://doi.org/10.1007/s00391-014-0802-y

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