Zusammenfassung
Unter dem Leitbild des aktiven Alters wird die Aufrechterhaltung umfassender sozialer Teilhabe über die Lebensphase Alter diskutiert. „Gutes“ Altern im Sinne dieses Aktivitätsparadigmas wandelt sich vom Ergebnis sozialer Ungleichheit zunehmend zu einem ihrer Ausgangspunkte. Auf Basis des Deutschen Alterssurveys (DEAS) 2008 und 2011 wird die Teilhabe über Ehrenamt und Bildungsaktivitäten unter Berücksichtigung sozialstruktureller und sozialräumlicher Aspekte sozialer Ungleichheit in den Blick genommen. Die soziale Teilhabe erweist sich als sozialstrukturell und sozialräumlich ungleich verteilt. Personen aus unteren sozialen Schichten gehen deutlich seltener einer Bildungsaktivität nach oder engagieren sich ehrenamtlich. Zudem ist die soziale Teilhabe bei Personen in wirtschaftlich schwachen Regionen deutlich geringer als bei Personen in wirtschaftlich starken. Nachteilige Effekte kumulieren sich, wenn in einer Region begrenzte individuelle Ressourcen und schlechte ökonomische Rahmenbedingungen vorliegen. Maßnahmen zur Förderung sozialer Teilhabe sollten darauf abzielen, auf lokaler Ebene Gelegenheiten für Engagement und Bildungsaktivität zu schaffen, um die Teilhabechancen von Personen aus unteren sozialen Schichten nachhaltig zu verbessern.
Abstract
The concept of active ageing comprises the maintenance of societal participation throughout the life span into old age. “Good” ageing in line with this activity paradigm develops into a starting point of social inequality rather than being its result. Based on the German Ageing Survey (DEAS) we investigated access to volunteering and to educational activities depending on social and spatial aspects of inequality. Societal participation is socially and spatially structured. Individuals from a lower social class are less often involved in educational activities or in volunteering. Moreover, individuals living in economically disadvantaged regions are less likely to participate than in economically strong regions. Disadvantages cumulate if low individual resources overlap with poor economic conditions in the living area. Measures to facilitate participation should be taken on the local level to enhance opportunities for volunteering and educational activities. This should help to sustainably increase the participation of individuals from lower social classes.
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Simonson, J., Hagen, C., Vogel, C. et al. Ungleichheit sozialer Teilhabe im Alter. Z Gerontol Geriat 46, 410–416 (2013). https://doi.org/10.1007/s00391-013-0498-4
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