Die letzten Jahre waren für die Schlafmedizin stark geprägt von neuen klinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, aber vor allem auch von einer Reihe technologischer Weiterentwicklungen. Die AG klinisch-wissenschaftlicher Nachwuchs hat diese Entwicklungen in vielen verschiedenen Fachbereichen verfolgt und begleitet. Im Rahmen von durch die DGSM finanzierten, an den Nachwuchs gerichteten Workshops stellten junge Schlafforscher:innen und -mediziner:innen ihre Studienideen oder -ergebnisse vor und wir traten gemeinsam in einen interdisziplinären Austausch. Zusätzlich konnte dabei schlafmedizinisches und forschungsrelevantes Grundlagenwissen vermittelt und Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden. Im Folgenden wollen wir einige Erkenntnis- und Entwicklungsbeiträge von Nachwuchswissenschaftlern hervorheben. Die Beiträge sind zwischenzeitlich zum Großteil in Form von wissenschaftlichen Artikeln, Bachelor‑, Master‑, Doktorarbeiten oder anwendbaren Technologien zugänglich und die Referent:innen sind Teil unserer Fachgesellschaft.

Im Bereich neue Technologien stellte Maximilian Beier eine IT-Infrastruktur (www.somnonetz.de) vor, die den sicheren Austausch und die standortübergreifende Auswertung von polysomnographischen Patientendaten ermöglicht. Die Plattform ist ein wertvolles Instrument für multizentrische klinische Studien und kann auch zum Training der eigenen Fähigkeiten im Sleep Scoring genutzt werden. Friedrich Gauger stellte ambulante Geräte zur Messung der Schlafqualität (u. a. SOMNOscreen Plus PSG+ (Somomedics, Randersacker, Deutschland), ECG Move (Movisens GmbH, Karlsruhe) vor, die er zur Erfassung von Kataplexien nutzte. Er demonstrierte, wie mit kleinen portablen Geräten schlafmedizinische Daten in der häuslichen Umgebung erfasst und ausgewertet werden können. Er leistete damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der schlafmedizinischen Diagnostik und zur Ermöglichung von Long-Term-Monitoring. Simon Kern präsentierte neue Entwicklungen im Bereich automatisierte EEG-Analyse. Er gestaltete, im Rahmen seiner Masterarbeit, an einem Opensource-Tool zur Auswertung von polysomnographischen Daten mit, das es ermöglicht Schlafspindeln zuverlässig zu detektieren und Schlafstadien automatisiert zu klassifizieren [5]. Die Funktion ist in die Toolbox Fieldtrip implementiert und darüber in MATLAB (The MathWorks Inc., Natick, MA, USA) verwendbar. Zwischenzeitlich ist mit Usleep (https://sleep.ai.ku.dk/) auch eine kostenlose, automatisierte, zuverlässige Schlafstadienklassifikation, basierend auf „deep learning“ Technologie, im Forschungskontext möglich [10]. Hierfür wurde ein neuronales Netzwerk an polysomnographischen Aufzeichnungen von 15.660 Teilnehmern klinischer Studien trainiert und evaluiert. Diese Tools stellen große Fortschritte im Bereich automatisierte Datenauswertung dar und haben das Potenzial, auch die klinische Datenauswertung zu verbessern.

Technologische Entwicklungen hatten auch Einfluss auf die psychotherapeutische Behandlung von Schlafstörungen. Studien untersuchten die internetbasierte Anwendung von kognitiver Verhaltenstherapie bei Insomnie und Albträumen [3, 11]. Schließlich wurden sogar spezifische Apps als digitale Gesundheitsanwendungen zur ärztlichen und psychotherapeutischen Verschreibung zugelassen. Eine klinisch relevante App zur Behandlung der Insomnie über kognitive Verhaltenstherapie stellt dabei die App Somnio (mementor DE GmbH, Leipzig, Deutschland) dar [6]. Annika Gieselmann und Lisa Steinmetz waren an diesen Entwicklungen maßgeblich beteiligt.

Zur Verbesserung der Versorgung von Menschen, die unter Albträumen leiden, stellte Katharina Lüth eine Studie zur telefonischen Behandlung von Albträumen über die Imagery Rehearsal Therapy (IRT) vor [7]. Es zeigte sich dabei, dass selbst bei einem einmaligen telefonischen Kurzkontakt Patienten Grundlagen der IRT vermittelt werden konnten, die zu einer signifikanten Reduktion von Albträumen im Vergleich zur Wartekontrollliste führten.

Jan Gerdes verdeutlichte anhand von klinischen Fallbeispielen und Videoaufzeichnungen (DGSM Kongress 2018–2020) eindrücklich Charakteristika einer Parasomnie, in Abgrenzung zu Bewegungsstörungen oder schlafgebundenen epileptischen Anfällen. Durch seinen Beitrag konnte er das Bewusstsein für die einzelnen Störungsbilder erhöhen und die differentialdiagnostische Einschätzung im klinischen Alltag verbessern.

Isabella Mertel stellte Besonderheiten in der Schlaf-Wach-Verteilung und elektrophysiologischen Schlafstruktur bei Patienten mit schweren Bewusstseinsstörungen vor. Diese neurologischen Patienten befinden sich zwar nicht mehr im Koma, können aber nicht mit ihrer Umgebung kommunizieren. Eine Einstufung ihres Bewusstseinszustandes und eine Prognose über den Krankheitsverlauf sind schwer zu treffen. Schlafcharakteristika scheinen ein wertvoller Marker zur Einschätzung des Bewusstseinsgrades innerhalb der Patientengruppe (Unterscheidung „unresponsive wakefulness syndrome“ und „minimally consciousness state“) zu sein [8, 9] und vermutlich auch prognostischen Wert zu haben. Auffälligkeiten in der Schlaf-Wach-Verteilung innerhalb der klinischen Kontrollgruppe wiesen zudem auf schlafschädliche Einflussfaktoren der Krankenhausumgebung hin.

Albrecht Vorster, der sich zuvor vor allem mit dem Schlaf von Tieren (Drosophila, Aplysia) beschäftigt hatte, nahm sich auch des menschlichen Schlafs und seiner Verbesserung an. Er veröffentlichte ein Buch [12], gestaltete eine Schlaf-App (7 Schläfer (Gruner + Jahr Deutschland GmbH, Hamburg, Deutschland) mit und untersuchte schlafschädliche Faktoren auf der Stroke Unit im Krankenhaus mit dem Ziel, den Patientenschlaf zu verbessern und damit auch deren Genesungsprozess zu unterstützen. Seine Messergebnisse bzgl. Licht- und Geräuschbelastung stellte er vor und erarbeitete Veränderungsvorschläge.

Im Bereich Schlaf im Kindes- und Jugendalter initiierte die Arbeitsgruppe eine Studie zum Thema Schlafverhalten von Kindern in Kindertagesstätten. Maria Zschoch, Merle Claßen, Maren-Jo Kater und Anja Friedrich untersuchten im Rahmen ihrer Promotionsarbeiten den Schlaf von Kindern und Jugendlichen und dessen Wechselwirkungen mit psychischen Erkrankungen (u. a. [2, 4, 13]). Zudem evaluierten sie Therapieprogramme zur Behandlung von Kindern und Studierenden, die unter Schlafstörungen leiden. Durch ihre Arbeiten leisteten sie einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis und zur evidenzbasierten Therapie von Schlafstörungen im Kindes- und Jugendalter.

Ein großer Einschnitt war sicherlich auch die COVID-19-Pandemie und die infolgedessen festgelegten Quarantänebeschlüsse. Schlaflabore und Krankenhäuser nahmen teils keine neuen Patienten auf oder entließen Patienten, um Kapazitäten für an Corona erkrankte Patienten zur Verfügung zu stellen. Menschen waren isoliert zu Hause, arbeiteten im Homeoffice, soziale Interaktion fand nur in digitaler Form oder telefonisch statt. Die veränderten Umstände wirkten sich negativ auf das psychische Wohlbefinden und auf das Schlafverhalten der Menschen aus [1]. Zeitgleich wurde ein zuvor nicht vorstellbarer struktureller Wandel, im Sinne einer zunehmenden Digitalisierung der Berufswelt, eingeleitet. Es ist zu erwarten, dass diese gestiegene Offenheit für neue Technologien die medizinische Versorgungslage auch weiter gestalten und bereichern wird.